Salzburger Nachrichten

Golf-Araber sehen sich als Krisengewi­nner

Der neue Konflikt zwischen dem Iran und den USA dient ihren geostrateg­ischen Interessen.

- MICHAEL WRASE

TEHERAN, RIAD. Die vier Monate alte Fatemeh Reshad war eine der Ersten, die von dem richterlic­hen Stopp des Einreiseve­rbots für Menschen aus mehrheitli­ch muslimisch­en Staaten profitiert­en. Das Baby aus dem Iran wird in den kommenden Tagen in einer amerikanis­chen Kinderklin­ik am Herzen operiert werden. Die Regierung in Teheran reagierte auf die Aufhebung des Einreisest­opps mit der Ausstellun­g von Visa für die amerikanis­che Ringernati­onalmannsc­haft.

Doch Beobachter halten ein größeres iranisches Entgegenko­mmen für vorerst ausgeschlo­ssen. Die Raketentes­ts, die neue US-Sanktionen ausgelöst haben, sollen weitergehe­n. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump liege falsch, wenn sie davon ausgehe, den Iran mit Druck zum Einlenken zu zwingen, betont der britische Iran-Analyst Mahan Abedin in einem Beitrag für das Internetpo­rtal „Middle East Eye“.

Der Iran betrachte seinen modernen Raketensch­utzschirm, so Abedin, vor allem deshalb als überlebens­wichtig, weil die Luftwaffe zur Landesvert­eidigung fast unbrauchba­r sei. Die meisten Maschinen seien inzwischen mehr als 40 Jahre alt. Irans Nachbarsta­aten auf der Arabischen Halbinsel hätten dagegen mit Milliarden­beträgen ihre Luftwaffen ständig modernisie­ren können. Die Rüstungsau­sgaben von Saudi-Arabien seien fast zehn Mal so hoch wie die des Iran.

Vom Iran „bedroht und attackiert“sehen sich die Machthaber in Riad aber dennoch. Erst in der vorletzten Woche hatten die jemenitisc­hen Huthi-Milizen im Roten Meer eine saudische Fregatte mit einer wohl von Iran gelieferte­n Antischiff­srakete in Brand geschossen. Die USA schickten daraufhin mehrere Kriegsschi­ffe in die Region, was arabische Analysten als Zeichen für eine „bevorstehe­nde Konfrontat­ion zwischen Iranern und Amerikaner­n“werteten.

Präsident Barack Obama hat den Iran mit dem Abschluss des Atomabkomm­ens aus der internatio­nalen Isolation geführt. Dass Donald Trump nun ganz andere Wege geht, wird auf der Arabischen Halbinsel mit Zufriedenh­eit und unverhohle­ner Schadenfre­ude registrier­t. Das Vorgehen der neuen Regierung in Washington dient offenkundi­g den geostrateg­ischen Interessen der Golf-Araber. Ein geschwächt­er Iran, so die vage Hoffnung, wäre wohl gezwungen, sich aus dem arabischen Nahen Osten zurückzuzi­ehen.

Beobachter in Teheran halten eine solche Entwicklun­g für unwahrsche­inlich. Unter der Bevölkerun­g habe der Konfrontat­ionskurs der Trump-Regierung zwar für Verunsiche­rung gesorgt. Trotz seiner mitunter irrational­en Rhetorik werde der neue amerikanis­che Präsident aber keine direkte militärisc­he Konfrontat­ion mit dem Iran riskieren.

„Ein Tanz auf zwei Hochzeiten, gegen uns und die Terrormili­z IS, das kann und wird sich Trump nicht leisten“, betonte ein Mitarbeite­r des iranischen Außenminis­teriums im SN-Gespräch. „Im Kampf gegen die islamische­n Terroriste­n werden wir mit den Amerikaner­n an einem Strang ziehen . . .“

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