Leben erfüllt mit Fußball und Energie
Leo Windtner zieht Bilanz über eine 39-jährige Karriere bei einem einzigen Stromkonzern. Und er verrät den SN, dass er in seiner Pension noch einmal als Präsident des Fußballbundes voll durchstarten möchte.
Sein ganzes Berufsleben, insgesamt knapp 39 Jahre, war Leo Windtner für den Energiekonzern des Landes Oberösterreich tätig. Mehr als 22 Jahre davon als Generaldirektor. Mit Ende Februar geht der 66-Jährige in Pension, um in den nächsten Jahren seine ganze Kraft dem Fußball als ehrenamtlicher ÖFB-Präsident zu widmen. SN: Fast 40 Jahre bei einem Unternehmen. Würden Sie das heute wieder so machen oder zunächst eine Karriere als Fußballprofi anstreben? Leo Windtner: Eine Fußballprofikarriere wäre wahrscheinlich mangels Toptalent nicht möglich und in einem gut aufgestellten Unternehmen gibt es auch ganz andere Zukunftsperspektiven.
Fast vier Jahrzehnte in einem Unternehmen hat gewaltige Vorteile. Wesentlich ist, dass man nicht betriebsblind wird und immer über den Tellerrand hinausblickt. Das gelingt speziell, wenn man auch andere Funktionen innehat, beispielsweise im Aufsichtsrat anderer Firmen. Man muss die Veränderungen, die rund ums Unternehmen passieren, ständig reflektieren. SN: Die Stromwirtschaft hat sich im Laufe Ihres Berufslebens grundlegend verändert. Aus einem total regulierten Markt wurde ein teilliberalisierter. Ist das System heute besser oder das frühere? Die Unternehmen sind betriebswirtschaftlich wesentlich besser geworden und nicht mehr vergleichbar mit früher. Positiv früher war, dass man den Generationenvertrag wirklich noch gelebt hat. Das hat sich verändert. Wir sind heute kurz- fristigen betriebswirtschaftlichen Zielen und aktienrechtlichen Verantwortungen ausgeliefert. Auf der anderen Seite ist die Energiesituation der Zukunft von einem dezentralen, einem komplett neuen Konsumentenverhalten geprägt, wo vielleicht der Generationenvertrag obsolet wird. Wichtig ist jedenfalls die Versorgungssicherheit. Diese darf von der Politik in Österreich wie auch europaweit nicht übersehen werden. SN: Wie sicher ist die Versorgung? Wir sind in Österreich in puncto Ausfallshäufigkeit in der Topkategorie weltweit, aber es ist keine Selbstverständlichkeit. Mit der fortschreitenden Dezentralisierung wird eine gewaltige Herausforderung an die Netzbetreiber herangetragen, die einiges kosten wird. Die Ursprungsformel der E-Wirtschaft „Leistung hat ihren Preis“wurde mit der „Energiewende“in den Hintergrund gerückt. Es ist ein sehr klares Indiz, dass sich heute Netzbetreiber Kraftwerke wieder direkt bedienen müssen, um die Stabilität der Netze zu gewährleisten. SN: Stichwort Privatisierung. Sollte sich der Staat aus der E-Wirtschaft komplett zurückziehen? Ich halte die derzeitige Situation, dass die Mehrheit in öffentlicher Hand bleibt, für eine gute Lösung. Wiewohl der Spagat für das Management ab und zu anstrengend sein kann. Auf der einen Seite Privataktionäre wie Banken und Versicherungen, auf der anderen Seite Bund und Länder. Aber letztlich verleiht es den Unternehmen, die in der Volkswirtschaft eine Schlüsselrolle spielen, doch eine gewisse Stabilität. SN: Der Bundeskanzler propagiert in seinem „Plan A“, den Ökostrom voranzutreiben und damit Arbeitsplätze zu schaffen. Was ist von diesen Plänen zu halten? Absolut positiv ist, dass ein Regierungschef dieses Basisthema für die Wirtschaft in unserem Land direkt aufgreift. Auch die Zielformulierungen sind im Einklang mit der Branche, dass annähernd 100 Prozent Stromversorgung auf Basis erneuerbarer Energien bis zum Jahr 2030 realisiert wird. Die Vorschläge zum Thema Energieeffizienz würden wiederum verstärkte bürokratische Hürden bringen. Wenn dauernd Deregulierung versprochen wird, aber das Umgekehrte passiert, dann drückt das die Wirtschaft. SN: Würden Sie Ihren Enkeln empfehlen, Solaranlagen zu installieren? Solaranlagen auf dem Dach werden das Vademecum jedes Hausbesitzers in der Zukunft sein. Ich würde aber den Bauern nicht empfehlen, die Felder großflächig mit Photovoltaik zu bestücken, anstatt Rüben oder Weizen anzubauen. SN: Was ist Ihre liebste Energieform? Die Eigenenergie, die ich mir hole, indem ich Ski fahre, mich mit meinen Obstbäumen beschäftige oder Most mache. SN: Sie sind Aufsichtsrat in mehreren Industrieunternehmen. Werden Sie das bleiben? Ich werde natürlich die Funktionen weiterführen. Und ich werde dem Österreichischen Fußballbund in Zukunft noch mehr Energie zur Verfügung stellen müssen als bisher. Nach der Pensionierung des langjährigen Generaldirektors kann das junge Team die Erfahrung des Präsidenten durchaus gebrauchen. SN: Damit erübrigt sich schon fast die Frage, ob Sie nochmals für das ÖFB-Präsidentenamt kandidieren werden? Ja, ich werde mich der Wahl im Juni stellen und würde mich freuen, in den nächsten vier Jahren die Arbeit fortsetzen zu können. SN: Was sind die mittelfristigen Ziele beim ÖFB? Wir wollen die soziale und integrative Kraft des Fußballs weiter fördern und ausspielen. Wir können hier einigen Beitrag zur Volksgesundheit leisten. Dass Fußball Brücken baut, ist klar. Da wollen wir weiterarbeiten. Es ist mir bewusst, dass wir besonders im Spitzenfußball gemessen und befunden werden. Wir hoffen nach wie vor auf die WM-Qualifikation für Russland. Mich freut aber ebenso riesig, dass wir die Qualifikation für die FrauenEURO geschafft haben. Und die Erfolge der Nachwuchs nationalmannschaften von Burschen und Frauen sind beeindruckend. Zur Person Leo Windtner: Ein Jahr nach Abschluss seines Welthandelsstudiums in Wien trat der 66Jährige in die damalige Oberösterreichische Kraftwerke AG (OKA) ein. In seiner Heimatgemeinde St. Florian war er zehn Jahre Bürgermeister, seit 1996 fungiert er als Obmann der Sängerknaben. Zwei Auslandsaufenthalte führten ihn nach Kanada und Südafrika. In Windhoek spielte er bei den Ramblers sogar als Legionär Fußball. Windtner ist verheiratet, Vater von drei Töchtern und Opa einer Enkelin.