Ein Salzburger Bub wandelt fast trostlos
Aus seiner Kindheit in Liefering hat der 25-jährige Adrian Goiginger einen Film gemacht, der in Berlin herauskommt.
BERLIN. Ein wenig hektisch wirkt Adrian Goiginger vor der Weltpremiere seines Debütfilms „Die beste aller Welten“bei der Berlinale in der Sektion „Perspektive Deutsches Kino“. Es geht um viel: darum, dass der Film genug Aufmerksamkeit bekommt, denn noch gibt es niemanden, der einen Filmstart in Deutschland oder Österreich plant.
Auf den ersten Blick ist das nachvollziehbar, denn das Thema klingt reichlich trostlos: Aus der Sicht des siebenjährigen Adrian (gespielt von dem St. Johanner Schüler Jeremy Miliker) schildert Adrian Goiginger die Heroinsucht der jungen Mutter Helga (Verena Altenberger). Es ist seine eigene Kindheit in Salzburg, die der 25-jährige Regisseur verfilmt hat: „90 Prozent sind echt“, sagt Goiginger. „Und die Charaktere sind zu hundert Prozent real. Die eine oder andere Situation hab ich dramaturgisch zugespitzt, aber alles, was den Film antreibt, ist wirklich so passiert“– in einer Problemsiedlung in Liefering, aber auch am Salzachufer, in langen Sommernächten am Lagerfeuer.
Es ist kein trister Problemfilm geworden, sondern ein Film voller Humor und Hoffnung, unsentimental und mitreißend. Und es ist eine Liebeserklärung an eine Frau, die ihren inneren Dämon immer wieder niederringt. Denn trotz ihrer Sucht ist Helga für den kleinen Adrian eine fantasievolle, liebevolle Mama, die sich um ihr Kind bemüht, auch wenn der Reiz der Droge immer wieder zu stark wird. Das gelingt dem Film mit entwaffnender Direktheit zu vermitteln – ohne verlogenen Pathos, ohne Voyeurismus und ohne auch nur eine Sekunde spekulativ zu sein.
Die Sucht ist hier kein faszinierender Abgrund, sondern eben das, was sie ist: eine langwierige Krankheit, die einen sicheren Alltag erschwert und falsche Freiheit verspricht, aber in Wahrheit eine Fessel ist. Aus Kinderperspektive wird das eindeutig, etwa wenn die Mama einfach einschläft, weil sie im Rausch zu müde ist, oder wenn sie immer wieder doch ihren Dealer in die Wohnung lässt, obwohl sie ei- gentlich nicht will, weil Adrian sich vor ihm fürchtet. „Wegn dir is mei Kindheit im Oasch!“, schleudert ihr der Bub dann entgegen.
Bemerkenswert ist die glaubwürdige Zuneigung zwischen Mutter und Kind. Theaterschauspielerin Verena Altenberger, die seit vorigem Jahr in der RTL-Fernsehserie „Magda macht das schon“eine polnische Altenpflegerin spielt, stand schon früh fest für die Rolle der Mutter Helga.
Den Darsteller für den kleinen Adrian zu finden war schwieriger: „Ich hab ungefähr dreihundert Kinder gecastet“, sagt Adrian Goiginger. Ausgewählt wurde der achtjährige Jeremy Miliker. „Jeremy war zwar nicht der Beste beim Textlernen, aber er kann sich hineinversetzen in geschaffene Situationen, und daraus entwickelt sich Emotion.“Und bemerkenswert ist auch, wie handwerklich solide dieser Film ist, für den Regisseur und Drehbuchautor Adrian Goiginger sein Studium an der Filmakademie Baden-Württemberg unterbrochen hat. Es ist ein fantastisches Debüt, das sich ein großes Publikum verdient hat. Jetzt muss nur noch ein Filmverleiher zugreifen.
Adrian Goiginger ist inzwischen wieder an die Filmakademie zurückgekehrt, und er schreibt an seinem nächsten Drehbuch: „über meinen Urgroßvater, in Frankreich, vor dem Wahnsinn des Zweiten Weltkriegs.“Und er kündigt an: „Ich arbeite jetzt jedes Familienmitglied ab.“
„Alles, was den Film antreibt, ist so passiert.“