Der Aufwärtstrend in Europa ist noch intakt
Bisher erweist sich die Konjunktur in Europa als robust – trotz Brexit und neuer Töne aus den USA. Genau diese bergen aber auch Risiken.
Die anstehenden Verhandlungen über Großbritanniens Austritt aus der EU und protektionistische Töne aus den USA ändern laut der aktuellen Prognose der EU-Kommission nichts daran, dass die Zeichen in Europa auf Aufschwung stehen. In allen EU-Mitgliedsstaaten sei im Zeitraum bis 2018 Wachstum zu erwarten, „erstmals seit fast einem Jahrzehnt“, teilte die EUKommission am Montag mit.
In ihrer Winterprognose geht die Behörde für heuer in der Eurozone von einem Plus beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 1,6 Prozent aus, für 2018 sind 1,8 Prozent prognostiziert. Für die gesamte EU werden sowohl für heuer als auch nächstes Jahr jeweils 1,8 Prozent Anstieg der Wirtschaftsleistung erwartet. Angesichts der noch ungewissen Ausrichtung der US-Regierung unter Präsident Donald Trump, zahlreicher Wahlen in Europa sowie der Verhandlungen über den Brexit sei die Prognose aber mit hoher Unsicherheit behaftet.
Europa habe sich trotz dieser Störfeuer als widerstandsfähig erwiesen, sagte Wirtschafts- und Finanzkommissar Pierre Moscovici. Es sei aber wichtig, alle zur Verfügung stehenden Mittel zur Unterstützung des Wachstums zu nutzen. EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis appellierte an die Mitgliedsstaaten, bei ihren Reformanstrengungen nicht nachzulassen. Angesichts des allmählichen Anstiegs der Inflation dürften sie sich nicht zu sehr darauf verlassen, dass ultralockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) als Konjunkturstütze „auf Dauer“bestehen bleibe, sagte Dombrovskis. „Deshalb sollten Länder mit hohem Haushaltsdefizit und hohem Schuldenniveau diese weiter zurückführen, um widerstandsfähiger gegen wirtschaftliche Schocks zu werden.“
Die EU-Kommission erwartet, dass die Verbraucherpreise in der Eurozone heuer um 1,7 Prozent (in der gesamten EU um 1,8 Prozent) steigen werden. Damit würde die Inflationsrate nur mehr leicht unter der von der EZB angestrebten Marke von knapp zwei Prozent bleiben.
In ihrer Prognose für Österreich verweist die Kommission auf die steigende Arbeitslosigkeit. Trotz des Anstiegs der Beschäftigung sei Österreichs Wirtschaft nicht in der Lage, das durch Migration aus anderen EU-Staaten sowie zusätzliche Asylbewerber steigende Arbeitskräfteangebot aufzunehmen. Mit 6,1 Prozent (EU-Methode) liegt die für heuer erwartete Arbeitslosenquote aber weiter deutlich unter dem Durchschnitt in der Eurozone von 9,6 Prozent. Europaweit ist die Arbeitslosigkeit rückläufig (auf 9,1 Prozent bis zum Jahr 2018), für Österreich wird bis dahin hingegen ein Anstieg auf 6,2 Prozent erwartet.
Positiv entwickeln sich laut EUKommission Österreichs öffentliche Finanzen – nach 1,2 Prozent heuer wird das Budgetdefizit 2018 auf 0,9 Prozent sinken. Die Staatsverschuldung soll 2018 mit 79,3 Prozent des BIP um zwei Punkte geringer ausfallen als heuer.
„Die Staaten sollten alle Mittel einsetzen, um das Wachstum zu stützen.“Pierre Moscovici, EU-Kommissar