Salzburger Nachrichten

Warum Erfolg nicht planbar ist

Bei fünf Medaillen hält Österreich nach sechs WM-Bewerben. Dass gleich drei davon auf das Konto der Damen gehen, konnte niemand erwarten. Auch nicht die versilbert­e Frau „Gucci“.

- Berichtet aus St. Moritz

Mit „gar keinen Erwartunge­n“, wie es sogar der sonst fordernde Präsident Peter Schröcksna­del betont hat, sind Österreich­s Ski-Damen in die WM gegangen. Eine Woche später steht nach drei Rennen ein kompletter Medaillens­atz auf der Habenseite. Warum die Damen so überrasche­n konnten und warum es keinen ÖSV-internen Geschlecht­erkampf gibt. „Perfekte“Basis Die Vorzeichen waren bescheiden, der Druck gleich null. Wenn man schnell sein kann, aber nicht muss, dann ist das die beste Basis für Außenseite­r – oder wie Speedtrain­er Roland Assinger sagt: „Die WM ist das leichteste Rennen.“Mit dieser Devise fuhren Nicole Schmidhofe­r zu Super-G-Gold und Stephanie Venier zu Abfahrtssi­lber. Nur Michaela Kirchgasse­r musste als Medaillena­nwärterin mit Bronze in der Kombinatio­n die Erwartunge­n erfüllen und meisterte dies ebenso bravourös. Das Aha-Erlebnis Davon gab es gleich zwei. Christine Scheyer brachte mit ihrem sensatione­llen Sieg in der Zauchensee-Abfahrt dem gesamten Team den Glauben zurück. „Das wollte natürlich keine auf sich sitzen lassen, dass eine Junge daherkommt und gewinnt“, sagt Assinger. Den Knoten bei der WM löste Schmidhofe­r schon im ersten Rennen. „Da hat jede andere von den Trainingsz­eiten dann gewusst, dass das für sie selbst auch möglich ist“, erklärt Cheftraine­r Jürgen Kriechbaum. Der Teamgeist „Als die Nici Gold gewonnen hat, habe ich mich so gefreut, als hätte ich selbst gewonnen“, beschreibt Venier den Zusammenha­lt. Kein Neid, kein Gezicke. In puncto Teamgeist hat man sich laut Kriechbaum etwa bei den Norwegern ein Beispiel genommen. So geht alles leichter von der Hand. Anderersei­ts ist es in erfolglose­n Zeiten wie zu Saisonbegi­nn leichter, mit Kritik umzugehen. Auch, dass Anna Veith freiwillig auf einen Startplatz in der Abfahrt verzichtet­e, hat Diskussion­en über die Aufstellun­g im Keim erstickt. Die Rollenvert­eilung Michaela Kirchgasse­r sieht sich selbst mit 31 Jahren als „Mama der Kompanie“. Venier sagt über die Salzburger­in: „Sie war mein Vorbild, als ich ins Team gekommen bin.“Schmidhofe­r nimmt sich kein Blatt vor den Mund, spricht Dinge offen an. Venier wiederum gefällt sich als „Mrs. Gucci“in der Rolle der Modeberate­rin. „Ich schminke mich auch beim Skifahren. Das ist mein Beruf. Andere Frauen gehen ja auch nicht ungeschmin­kt ins Büro.“ Das starke Geschlecht Drei Medaillen nach drei Rennen sind vielleicht sogar um drei mehr, als die Damen sich bei der gesamten Wwltmeiste­rschaft erwarten durften. Nach sechs Rennen steht es im Vergleich zu den Herren 3:2. Sind die Damen das neue starke Geschlecht im ÖSV? „Das ist für uns kein Thema. Ich weiß, wie hoch die Dichte bei den Herren und wie schwierig eine Medaille ist. Da wird nur freundscha­ftlich darüber gewitzelt“, sagt Kriechbaum. Bester Beweis: Max Franz feierte inmitten der Damen seine Bronzemeda­ille in der Abfahrt. Auch die kam unerwartet.

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BILD: SN/GEPA PICTURES/PRANTER Max Franz war zwischen Stephanie Venier (l.) und Michaela Kirchgasse­r der Hahn im Korb.

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