Wer viel küsst, hat weniger Falten
Der Hormoncocktail im Körper ist ziemlich entscheidend für das Verlieben – aber natürlich längst nicht alles.
Romantik ist schön. Hormonchemie ist besser. Wer am Valentinstag schwer verliebt ist, mag auf Wolke sieben schweben und eine rosarote Brille tragen. Im Körper aber hat ein streng reguliertes System aus hormonellen Wirkstoffen mit gänzlich unromantischen Namen die Regentschaft übernommen, etwa Serotonin, Phenylethylamin, Dopamin und Oxytocin.
Wie dieses System in allen Einzelheiten funktioniert, ist noch nicht völlig klar. Denn die meisten dieser Botenstoffe werden auch im Gehirn gebildet. „Dort kann man sie ja nicht durch Blutabnehmen messen“, sagt der Bochumer Forscher Helmut Schatz von der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie. Dennoch wissen Forscher schon einiges über den Chemiecocktail von Verliebten. „Man darf die Hormone aber nicht isoliert betrachten“, betont Schatz. „Verliebtheit hängt stark von der Psyche ab. Und auch vom Nervensystem.“Dass die „Chemie stimmen muss“, sei aber mit Blick auf Verliebte kein dummer Spruch. Einige Beispiele: Herzklopfen und Schmetterlinge im Bauch: Dahinter stecken Dopamin und das „Verliebtheitshormon“Phenylethylamin. Es löst erotisches Interesse aus. Dopamin sorgt dafür, dass sich Menschen Fremden gegenüber mehr öffnen als sonst. Sehnsucht: Das „Glückshormon“Serotonin, das Menschen gelöster und ausgeglichener macht, hilft auch gegen Depressionen. Bei Verliebten hat es dagegen eine paradoxe Wirkung: Der Spiegel sinkt ab. Es ist der gleiche Effekt, der bei Drogensüchtigen zu beobachten ist. Forscher erklären das damit, dass ein verliebter Mensch den rationalen Blick verliert, sich auf den Partner fixiert – und Entzugserscheinungen bekommt, wenn der oder die Liebste auch nur kurze Zeit fehlt. Doch die Zeit der gleichsam blinden Verliebtheit ist endlich – auch Hormone werden nicht auf ewig in hoher Dosis produziert. Küssen: Die Lust darauf entsteht auch durch das Zusammenspiel einer Vielzahl von Hormonen – und hat neben dem Wohlfühleffekt offenbar auch Vorteile für die Gesundheit. Die Pulsfrequenz steigt, der Stoffwechsel verbessert sich. Vielküsser könnten dadurch weniger anfällig für Bluthochdruck und Depressionen sein. Der ausgetauschte Speichel soll gut für das Immunsystem und die Zähne sein, weil antimikrobielle Enzyme Karies und Parodontose vorbeugen. Um tiefe Falten brauchen sich eifrige Küsser weniger Sorgen zu machen. Sie trainieren alle 34 Gesichtsmuskeln auf einmal und straffen ihre Haut. US-Forscher fanden heraus, dass Menschen, die sich morgens mit einem Schmatz von ihren Liebsten verabschieden, beruflich erfolgreicher sind. Sex: Er ist keine reine Sache der klassischen Verliebtheitshormone. Auf Sexualität wirken vor allem die Geschlechtshormone Testosteron und Östrogen. Dass Sex gesund sein soll, ist keine Mär. „Bei Männern ist der Sexualakt förderlich. Sie neigen weniger zu Prostatakrebs“, berichtet Endokrinologe Schatz. Je nach Aktivität verbrennen Partner jeweils mehrere Hundert Kilokalorien – das entspricht einer halben Tafel gehaltvoller Schokolade. Vom Körper freigesetzte opiumähnliche Substanzen können auch wie Schmerzmittel wirken.