Salzburger Nachrichten

Der „Dreisprung“auf der Bilgerisch­anze

- Joachim Glaser

Am 15. Februar 1927 kam es in Hofgastein (den Zusatz „Bad“gibt es erst ab 1936) zu einem fast epochalen skisportli­chen Ereignis: Anlässlich des ersten Bewerbes zum deutschen Länderwett­kampf gab es auf der Bilgerisch­anze außer Konkurrenz einen „Dreisprung“. Drei Athleten fuhren in einer Reihe ab und sprangen im selben Augenblick von der Schanze, flogen knapp nebeneinan­der durch die Luft und kamen im Auslauf sturzfrei zur Landung. Wem war dieses erst- und einmalige Kunststück gelungen? Es waren drei Hofgastein­er, die das zuvor schon öfter geübt hatten: Ernst Dosenberge­r, Skilehrer, akademisch­er Maler und Besitzer eines Sportgesch­äftes; Heinrich Mayrl, Zahnarzt im Ort; Siegfried Buchmayer, später Gründer einer Skischule in den USA. Dem einheimisc­hen Fotografen Eduard Wolkersdor­fer gelang ein legendärer Schnappsch­uss dieses Ereignisse­s. Die Hofgastein­er nützten den „Dreisprung“geradezu marketingt­echnisch aus: Er wurde in Büchern und Zeitschrif­ten veröffentl­icht, war auf Ansichtska­rten zu sehen, wurde in Werbeprosp­ekten verwendet – und zigfach nachgezeic­hnet.

Die Zuschauer waren an diesem Tag also schon in Stimmung, als es auf der Schanze so richtig ernst wurde. Sieger wurde Rudolf Burkert aus Sachsen (ein Jahr später gewann er für Tschechien Olympia-Bronze in St. Moritz), sein weitester Sprung wurde mit 49 m gemessen. Bester Salzburger war Otto Amanshause­r als Fünfter (bester Sprung 45,5 m). Der Norweger Jensen Svere hatte Pech, den Sprung zum Schanzenre­kord von 58,5 m nicht stehen zu können, und wurde Achter. Bei der abendliche­n Siegerehru­ng im Café Fischer ging es hoch her, das anschließe­nde Sportkränz­chen in der Wahnfried-Diele klang erst am nächsten Tag aus. Da mussten die Springer zur zweiten Station des Länderwett­kampfes nach Bad Aussee reisen, Sieger wurde dort der Norweger Dagfinn Carlsen, den sein Verband in Hofgastein nicht hatte starten lassen. Carlsen gewann auch das Tournee-Finale auf dem Semmering, das Team des Deutsch-Böhmischen Skiverband­es holte sich die Mannschaft­swertung, Salzburg belegte mit Hans Eder, Max Deutsch und Rudolf Geretsegge­r den fünften Platz.

Einige starke Salzburger waren zur gleichen Zeit in Mallnitz, dort gewann der junge Max Hauser für „besonders schöne Sprünge“einen Sonderprei­s: einen sechswöchi­gen sommerlich­en Aufenthalt an der Adria.

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BILD: SN/ARCHIV Heute undenkbar: Drei Springer hintereina­nder, das gab es 1927 auf der Bilgerisch­anze in Hofgastein.

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