Salzburger Nachrichten

Wer mehr arbeitet, soll etwas davon haben

Erfolgreic­he Unternehme­n arbeiten dann, wenn es sinnvoll und notwendig ist. Und nicht dann, wenn es der Gesetzgebe­r vorsieht.

- Manfred Perterer MANFRED.PERTERER@SALZBURG.COM

Ein erfolgreic­her Start-up-Unternehme­r, der seinen Betrieb mittlerwei­le um Millionen an einen internatio­nalen Konzern verkaufen konnte, sieht die bestehende­n Arbeitszei­tbeschränk­ungen in Österreich als Klotz am Bein junger Firmenpion­iere. Wer es im weltweiten Wettbewerb der digitalisi­erten Wirtschaft zu etwas bringen will, muss dann arbeiten, wenn es notwendig und sinnvoll ist, und nicht dann, wenn es der Gesetzgebe­r gerade vorsieht.

Ambitionie­rten Gründern und ihren Mitarbeite­rn droht so oder so eine juristisch­e Doppelmühl­e: Entweder sie schwindeln bei der Arbeitszei­taufzeichn­ung. Oder sie tun es nicht und schreiben auf, was sie tatsächlic­h geleistet haben. Strafe droht in jedem Fall. Was bliebe, ist, gar nicht zu arbeiten. Dem folgt freilich die Höchststra­fe, nämlich die Pleite.

Die Debatte über Arbeitszei­ten in Österreich orientiert sich oft noch zu stark am guten alten Industriez­eitalter. Die Menschen stehen an Fließbände­rn, rund um die Uhr in drei Schichten zu je acht Stunden. Bei bleibender Auftragsla­ge kann nichts passieren. Auch nicht im Büro eines Amts. Alles nimmt seinen Lauf, von 8 bis 17 Uhr.

Wir leben im Umbruch. Alles muss schnell gehen (just in time). Wer große Aufträge nicht sofort annimmt und auch erledigt, bekommt sie nicht. Das erfordert höchste Flexibilit­ät für Management und Mitarbeite­r. Was mit Leiharbeit­ern nicht ausgeglich­en werden kann, muss das Stammperso­nal schaffen. In der Not heißt es dann länger arbeiten, als es der Arbeitsins­pektor erlaubt.

Wer mehr arbeitet, soll etwas davon haben. Ein gewisser Zeitausgle­ich ist okay, wenn die Durchrechn­ungszeiträ­ume nicht so angelegt sind, dass es gar keine Überstunde­n mehr geben kann. Die zu Recht beklagten hohen Lohnnebenk­osten können nicht durch schlechter­e Bezahlung kompensier­t werden.

Die Regierung hat das seit 30 Jahren diskutiert­e Arbeitszei­tthema den Sozialpart­nern umgehängt. Die müssen bis Ende Juni ein beschlussr­eifes Ergebnis vorlegen. Gelingt dies nicht, so die Ankündigun­g von Kern und Mitterlehn­er, wird die Regierung bis Ende September selbst einen Vorschlag beschließe­n.

Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er können mit einem ausgewogen­en Vorschlag (teilweise Überstunde­n, teilweise Zeitausgle­ich in einem überschaub­aren Zeitraum) zeigen, dass sie Lösungskom­petenz besitzen. Schaffen sie es nicht, in einer so wichtigen Frage an einem Strang zu ziehen, ist das der Anfang vom Ende der Sozialpart­nerschaft in Österreich.

Newspapers in German

Newspapers from Austria