Salzburger Nachrichten

Auf den Sonnblick wird eine Seilbahn gebaut

Sie war immer ein Abenteuer: die Fahrt der Meteorolog­en auf den Sonnblick. Das ändert sich. Bald wird eine Seilbahn zum Observator­ium gebaut.

- ANTON KAINDL

Die Fahrt zum Observator­ium auf dem Sonnblick im „Kisterl“war immer ein Abenteuer – und oft auch nicht möglich. Das soll sich jetzt ändern.

Eine geschlosse­ne Kabinenbah­n soll es werden. Für vier bis sechs Personen. Sie wird das 1956 errichtete „Kisterl“ersetzen. So nennen die Wetterwart­e des Sonnblick-Observator­iums und die Angestellt­en des benachbart­en Zittelhaus­es liebevoll jene Materialse­ilbahn, die bisher zum Transport eingesetzt wurde. Auch zum Transport von Menschen. Die Fahrt damit war nicht ohne. Das 0,5 mal 2,5 Meter große Gefährt aus Holz und Stahl ist oben offen.

„Die alte Bahn kann an der Hälfte der Tage nicht fahren.“Michael Staudinger, ZAMG

Das 1956 errichtete „Kisterl“hat bald ausgedient. So nennen die Wetterwart­e des Sonnblick-Observator­iums und die Angestellt­en des benachbart­en Zittelhaus­es jene Materialse­ilbahn, mit der auch Leute, die auf dem Berg arbeiten, transporti­ert werden dürfen.

Die Fahrt mit dem Kisterl ist nichts für schwache Nerven. Wie der Name verrät, handelt es sich um eine etwa 0,5 mal 2,5 Meter große Kiste aus Holz und Stahl, die oben offen ist. Das Seil erreicht vor der Bergstatio­n eine Neigung von 47 Grad. Sie kann nicht ausgeglich­en werden, wodurch sich auch die Kiste dementspre­chend neigt und man glaubt, vorn hinauszuki­ppen. Damit das nicht passiert, werden die bis zu drei Passagiere mit Kletteraus­rüstung gesichert. Und es gibt weitere Sicherheit­smaßnahmen. Zwischen dem Kisterl und der Bergstatio­n kann man per Funk kommunizie­ren. Fällt während der Fahrt der Strom aus, steht ein Dieselaggr­egat zur Verfügung. Und falls alle Stricke reißen, gibt es im Kisterl Biwaksäcke und ein Bergegerät. Mit diesem kann man sich auf den Boden abseilen. Allerdings sind das zum Teil weit über 100 Meter. Und man kann sich wegen des teilweise steilen Geländes am Boden nicht überall abseilen. Dann bleibt noch die Möglichkei­t einer Hubschraub­erbergung, falls das Wetter dafür gut genug ist.

Das größte Problem ist, dass die Bahn je nach Windrichtu­ng nur bis zu einer Windstärke von 30 bis 40 km/h fahren darf. Der Leiter der ZAMG, Michael Staudinger, sagt, etwa an der Hälfte der Tage des Jahres sei ein Betrieb wegen des Windes nicht möglich. Laut Wetterwart Ludwig Rasser passiert es im Winter regelmäßig, dass die planmäßig alle 14 Tage stattfinde­nde Ablöse der Wetterwart­e nicht möglich ist und man mehrere Tage warten muss. „Im Sommer kann man zu Fuß hinunterge­hen. Aber im Winter ist das wegen der Lawinengef­ahr oft nicht möglich.“Auch Wissenscha­fter müssen oft tagelang ausharren, bis sie auf den Berg gebracht werden können. Das ist lästig, weil auf dem Sonnblick immer mehr Forschungs­projekte durchgefüh­rt werden. 2016 wurde das Sonnblick-Observator­ium von der Weltmeteor­ologischen Organisati­on (WMO) in den kleinen Kreis der 40 globalen GAWStation­en aufgenomme­n. Das Global Atmosphere Watch Programm (GAW) der Weltmeteor­ologischen Organisati­on überwacht weltweit die chemische Zusammense­tzung und die physikalis­chen Eigenschaf­ten der Atmosphäre.

„Zum Glück ist nie etwas passiert“, sagt Staudinger. Aber man will das Glück nicht länger herausford­ern und errichtet jetzt eine neue Seilbahn auf den Berg. „Es ist eine Kabinenbah­n für vier bis sechs Personen geplant. Auch in Zukunft wird nur Werksverke­hr erlaubt sein.“Die neue Bahn könne an fast allen Tagen fahren. Sie wird wie andere Seilbahnen für Windgeschw­indigkeite­n bis etwa 80 km/h zugelassen.

Die Bauarbeite­n sollen heuer im Juli beginnen. „Wenn es das Wetter und die technische­n Bedingunge­n zulassen, könnte sie noch 2017 fertiggest­ellt werden, sonst 2018“, so Staudinger. Auch die Tal- und die Bergstatio­n müssen umgebaut werden. Die Seilbahn wird auf der bestehende­n Trasse errichtet und wie die bestehende Materialse­ilbahn nur eine Stütze haben. Ob die alte Stütze wieder verwendet werden kann, steht noch nicht fest. Während des Baus ist eine Zeit lang überhaupt kein Transport auf den Sonnblick möglich. Wann und wie lange, sei ebenfalls noch nicht klar, sagt Staudinger.

Derzeit läuft die Ausschreib­ung für die Bahn. Die ZAMG rechnet mit Kosten von drei bis vier Millionen Euro. Die Finanzieru­ng erfolgt durch das Wissenscha­ftsministe­rium, das Land Salzburg und den Sonnblickv­erein, der Besitzer des Observator­iums ist und es mithilfe von öffentlich­en Geldern und privaten Spenden erhält.

Obwohl das Kisterl heute vorsintflu­tlich wirkt, war es ab 1956 eine große Erleichter­ung für die Wetterwart­e. Davor mussten sie im Winter zum Teil allein monatelang auf dem Berg ausharren. Mehrere Wetterwart­e und Köchinnen verunglück­ten beim Auf- oder Abstieg.

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 ?? BILD: SN/ZAMG/KROMBHOLZ ?? Ein Mitarbeite­r der ZAMG befreit Teile der alten Materialse­ilbahn auf den Sonnblick vom Eis.
BILD: SN/ZAMG/KROMBHOLZ Ein Mitarbeite­r der ZAMG befreit Teile der alten Materialse­ilbahn auf den Sonnblick vom Eis.
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