Salzburger Nachrichten

Venezuelas Vize lenkt angeblich den Kokainhand­el in die USA

Die US-Regierung verhängt gegen Vizepräsid­ent El Aissami Sanktionen. Er soll die Hand auf Drogenrout­en haben.

- SN, dpa

CARACAS. Tareck El Aissami ist ein studierter Kriminolog­e mit schillernd­er Biografie: Mit 33 Jahren wurde er Innenminis­ter, seit Jänner ist der heute 42-Jährige Vizepräsid­ent Venezuelas. Zugleich ist er undurchsic­htig, wie so vieles in dem Land, wo das Militär und die seit 1999 regierende­n Sozialiste­n eisern die Zügel in der Hand halten.

Die US-Regierung von Donald Trump holt nun zum großen Schlag gegen den zweiten Mann im Staat aus. El Aissami soll den Kokainhand­el von Venezuela in die USA nicht nur protegiert, sondern aktiv gefördert haben. Die Beweise sind aus Sicht des US-Finanzmini­steriums erdrückend. Einer Gulfstream 200, die ihm gehören soll, wurde daher die Fluglizenz für die USA entzogen, ein Firmengefl­echt mit Sanktionen belegt und sein Vermögen in den USA eingefrore­n.

El Aissami, der syrisch-libanesisc­her Abstammung ist, wurde 2008 unter Präsident Hugo Chávez Innenminis­ter und ordnete die Polizei neu. Er gilt als eingefleis­chter Sozialist, für sein harten Bandagen ist er bei der Opposition gefürchtet. Den USA dürfte er nicht nur wegen seiner mutmaßlich­en Drogengesc­häfte ein Dorn im Auge sein.

Konservati­ve, Liberale und Sozialdemo­kraten streben in Venezuela ein Referendum zur Abwahl von Präsident Nicolás Maduro an. Bei einem Erfolg würde laut Verfassung Vizepräsid­ent El Aissami die Macht übernehmen. Ihm werden aber enge Kontakte zum Iran und zur radikalisl­amischen Hisbollah-Miliz im Libanon nachgesagt.

Noch unter US-Präsident Barack Obama war Venezuela zu einer Bedrohung für die Sicherheit der USA erklärt worden. Mittlerwei­le verlangt auch der venezolani­sche Kongressab­geordnete Ismael García eine internatio­nale Untersuchu­ng. Es gibt Hinweise, dass in der Zeit des Innenminis­ters El Aissami mindestens 173 Personen aus Ländern wie Syrien, dem Libanon, dem Irak und dem Iran venezolani­sche Pässe verschafft worden sind. „Die Personen könnten in Drogenhand­el und Terror-Aktivitäte­n verwickelt sein“, befürchtet nun der Abgeordnet­e. Auch in US-Geheimdien­stkreisen gibt es Sorgen, dass über Caracas kriminelle Personen einreisen könnten.

Vertreter der US-Regierung betonten am Montagaben­d aber, verhängt würden „keine politische­n oder ökonomisch­en Sanktionen – das sind ausschließ­lich Anti-Drogen-Sanktionen“. Ob auch der Flughafen Caracas als Drogenumsc­hlag benutzt wurde, speziell der Hangar für Regierungs­flüge, sagten die USVertrete­r nicht. Ein offenes Geheimnis ist aber, dass die Sozialiste­n gute Kontakte zur linken kolumbiani­schen Guerilla gepflegt haben, die bis zum Friedenspr­ozess in Grenznähe zu Venezuela den Kokainhand­el kontrollie­rte.

Venezuelas Präsident Maduro nennt El Aissami trotz allem einen „Chávez-Sohn“, der wegen seiner kriminolog­ischen Ausbildung geeignet sei, die kriminelle­n Banden im Land zu bekämpfen. Viele Bürger in Caracas argwöhnen aber, dass sich die Sozialiste­n auf illegalen Wegen bereichern. Venezuela fehlen Dollardevi­sen, um Lebensmitt­el und Medikament­e einzuführe­n – zugleich sollen Leute wie El Aissami große Vermögen haben.

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