Deutsch-österreichische Stromfreundschaft wackelt
Fällt die gemeinsame Preiszone im Großhandel, könnte Strom deutlich teurer werden.
15 Jahre gibt es den gemeinsamen Strommarkt zwischen Österreich und Deutschland, derzeit stehen die Zeichen aber auf Trennung, die von der deutschen Bundesnetzagentur vorangetrieben wird. Damit könnten die gemeinsame Strompreiszone und damit der einheitliche Großhandelspreis schon in absehbarer Zeit Geschichte sein.
Dann würde sich Strom in Österreich laut Expertenschätzungen um rund 10 Prozent verteuern. Die Folge wären Wettbewerbsnachteile für die Industrie sowie Kaufkraftverluste für Konsumenten, sagt Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl. Er sieht die EU-Kommission gefordert, die Prinzipien des freien Binnenmarktes zu verteidigen.
Wo liegt das Problem? Deutschland gelingt es nicht, die im Norden aus Wind erzeugte günstige Energie über eigene Netze in den Süden des Landes zu transportieren, wo der Strom benötigt wird. Es fehlt an Kapazitäten, der Ausbau des Leitungsnetzes kommt nur schleppend voran. Das führt dazu, dass Strom über Polen und Tschechien nach Österreich und von hier weiter zu den Verbrauchern in Süddeutschland fließt. Weil diese Umwegflüsse die Netze Polens und Tschechiens belasten, haben die gefordert, an der deutsch-österreichischen Grenze einen künstlichen Engpass zu schaffen und auf diesem Weg den Handel zu beschränken. Das Klagen der östlichen Nachbarländer fiel bei der Bundesnetzagentur auf fruchtbaren Boden. Sie hat bereits im Oktober die vier deutschen Betreiber der Stromübertragungsnetze aufgefordert, eine Bewirtschaftung der Transportkapazitäten an der deutsch-österreichischen Grenze vorzubereiten. Laut Bundesnetzagentur profitiert Österreich von den billigen deutschen Strompreisen, die Kunden in Deutschland müssten aber die hohen Kosten für das Engpassmanagement tragen.
Österreich wehrt sich juristisch gegen das Aus für die Strompreiszone, die E-Control hat diesbezügliche Entscheidungen des europäischen Dachverbands der Energieregulatoren bekämpft. Aus Sicht des Wettbewerbsrechtlers Florian Schuhmacher von der WU Wien wäre die Einschränkung des StromBinnenmarkts wohl ein Verstoß gegen die Freiheit des Warenverkehrs.
Weil der juristische Weg erfahrungsgemäß ein langer ist, setzt Österreich zusätzlich auf politische Gespräche. Die Hoffnung, dass die Bundesnetzagentur von ihren Plänen abrückt, sind aber gering. Laut der Behörde soll das neue Engpassmanagement mit Juli 2018 in Kraft sein. Bis dahin wird verhandelt.
Gemeinsamer Handel sichert günstige Preise