Salzburger Nachrichten

Deutsch-österreich­ische Stromfreun­dschaft wackelt

Fällt die gemeinsame Preiszone im Großhandel, könnte Strom deutlich teurer werden.

- RICHARD WIENS

15 Jahre gibt es den gemeinsame­n Strommarkt zwischen Österreich und Deutschlan­d, derzeit stehen die Zeichen aber auf Trennung, die von der deutschen Bundesnetz­agentur vorangetri­eben wird. Damit könnten die gemeinsame Strompreis­zone und damit der einheitlic­he Großhandel­spreis schon in absehbarer Zeit Geschichte sein.

Dann würde sich Strom in Österreich laut Expertensc­hätzungen um rund 10 Prozent verteuern. Die Folge wären Wettbewerb­snachteile für die Industrie sowie Kaufkraftv­erluste für Konsumente­n, sagt Wirtschaft­skammerprä­sident Christoph Leitl. Er sieht die EU-Kommission gefordert, die Prinzipien des freien Binnenmark­tes zu verteidige­n.

Wo liegt das Problem? Deutschlan­d gelingt es nicht, die im Norden aus Wind erzeugte günstige Energie über eigene Netze in den Süden des Landes zu transporti­eren, wo der Strom benötigt wird. Es fehlt an Kapazitäte­n, der Ausbau des Leitungsne­tzes kommt nur schleppend voran. Das führt dazu, dass Strom über Polen und Tschechien nach Österreich und von hier weiter zu den Verbrauche­rn in Süddeutsch­land fließt. Weil diese Umwegflüss­e die Netze Polens und Tschechien­s belasten, haben die gefordert, an der deutsch-österreich­ischen Grenze einen künstliche­n Engpass zu schaffen und auf diesem Weg den Handel zu beschränke­n. Das Klagen der östlichen Nachbarlän­der fiel bei der Bundesnetz­agentur auf fruchtbare­n Boden. Sie hat bereits im Oktober die vier deutschen Betreiber der Stromübert­ragungsnet­ze aufgeforde­rt, eine Bewirtscha­ftung der Transportk­apazitäten an der deutsch-österreich­ischen Grenze vorzuberei­ten. Laut Bundesnetz­agentur profitiert Österreich von den billigen deutschen Strompreis­en, die Kunden in Deutschlan­d müssten aber die hohen Kosten für das Engpassman­agement tragen.

Österreich wehrt sich juristisch gegen das Aus für die Strompreis­zone, die E-Control hat diesbezügl­iche Entscheidu­ngen des europäisch­en Dachverban­ds der Energiereg­ulatoren bekämpft. Aus Sicht des Wettbewerb­srechtlers Florian Schuhmache­r von der WU Wien wäre die Einschränk­ung des StromBinne­nmarkts wohl ein Verstoß gegen die Freiheit des Warenverke­hrs.

Weil der juristisch­e Weg erfahrungs­gemäß ein langer ist, setzt Österreich zusätzlich auf politische Gespräche. Die Hoffnung, dass die Bundesnetz­agentur von ihren Plänen abrückt, sind aber gering. Laut der Behörde soll das neue Engpassman­agement mit Juli 2018 in Kraft sein. Bis dahin wird verhandelt.

Gemeinsame­r Handel sichert günstige Preise

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