Salzburger Nachrichten

Der große Tag für das Team Afghanista­n steht bevor

Wie ein Schweizer Reporter mithilfe einer Bar in St. Moritz ein spektakulä­res Projekt startete und am Ende zwei Afghanen zur Ski-WM brachte. Deren Fernziel lautet sogar: Olympia 2018.

- Berichtet aus St. Moritz Menschen bei der WM

Die klassische­n Skinatione­n haben hier auch abseits der Pisten ihren großen Auftritt: Österreich mit dem „Tirol Berg“, die Schweizer mit ihrem Haus im Hotel Schweizerh­of, die Italiener mit der Casa Italia – und die Afghanen mit ihrem „Bamyan Ski Club“. Wie bitte – Afghanista­n?

Es ist eine lange und berührende Geschichte, wie Afghanista­n zur WM kam, und sie beginnt wie so viele Geschichte­n aus diesem Land mit Krieg und Terror. Der Schweizer Reporter Christoph Zürcher berichtete für die NZZ aus Afghanista­n, als er aufgrund von Kampfhandl­ungen in der Hochgebirg­sstadt Bamyan festgesess­en ist. Ihm gefielen die tief verschneit­en Berge ringsum – „und da liegt es für einen Schweizer halt nahe, dass er an Skifahren denkt“. Doch Ski fahren war gänzlich unbekannt in der Region.

Zurück in der Schweiz wollte Zürcher den Menschen in Bamyan mit einer wahnwitzig­en Aktion gegen den Wahnsinn helfen: Er schickte Ski und organisier­t seit 2011 die „Afghan Ski Challenge“. Um das Projekt zu unterstütz­en, gründete er mithilfe von Freunden, Sponsoren und der Gemeinde in St. Moritz die „Bamyan Ski Club Bar“; eine orientalis­che Bar, die zwischen den Shops von Prada und Gucci und den Filialen von UBS und Credit Suisse nicht minder exaltiert wirkt.

Aus den Skibewerbe­n und dem Barbetrieb wurden Ernst: Mit den 35.000 Franken, die die Bar im letzten Winter abgeworfen hat, finanziert man zwei Afghanen ihr Antreten bei der WM. Sajjad Husaini (25) und Alishah Farjang (26) stammen beide aus Bamyan und haben am morgigen Donnerstag ihre große Stunde: In der WM-Qualifikat­ion in Zuoz kämpfen sie um einen Startplatz für den freitägige­n Riesentorl­auf. Den zu erreichen gilt aber als aussichtsl­os: Die besten 50 Riesentorl­äufer der Welt sind direkt qualifizie­rt, aus der Qualifikat­ion kommen nur die 25 Schnellste­n in den WM-Lauf. Dann kann jedes Land, das unter den Top 75 nicht vertreten ist, einen Quotenplat­z beantragen, sofern der Läufer genügend FIS-Punkte hat. Doch beide haben erst vier FIS-Rennen bestritten. Als talentiert werden die zwei Afghanen von ihrem Trainer beschriebe­n, doch fehlten halt 15 Jahre Skierfahru­ng. Egal, das Fernziel heißt ohnedies Olympia 2018. Der WM-Auftritt wird so oder so gefeiert, am Samstag gibt es in der „Bamyan Bar“die große Farewell-Party für Sajjad und Alishah – alle Einnahmen kommen dem Olympiapro­jekt zugute.

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BILDER: SN/BAMYAN SKI CLUB (3) Alishah Farjang reitet sogar mit Skischuhen. Kleidung und Ziel sind noch etwas fremd.
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