Salzburger Nachrichten

Wurde Pflegekind missbrauch­t?

Angeklagte­r gesteht nur einmaliges Betasten. Opfer schwer traumatisi­ert.

- Schauplatz Gericht

Die Vorwürfe von Staatsanwa­lt Andreas Allex gegen den 55-jährigen, im Pinzgau lebenden Angeklagte­n liegen schon lange zurück und wiegen sehr schwer.

In der Zeit zwischen Juni und Anfang Oktober 2001 soll der Beamte seine damals 13jährige, als Pflegekind bei seiner Familie lebende Nichte mehrfach schwer sexuell missbrauch­t haben. Es sei, so Allex, öfters zu „beischlafs­ähnlichen Handlungen“mit dem Mädchen gekommen, einmal auch zum Geschlecht­sverkehr. Wie der Staatsanwa­lt Dienstag im Schöffenpr­ozess gegen den 55-Jährigen weiter ausführte, erlitt die heute 29jährige Frau durch die inkriminie­rten Übergriffe laut Gutachten von Neuropsych­iater Prof. Ernst Griebnitz eine posttrauma­tische Belastungs­störung. Diese kommt einer schweren Körperverl­etzung gleich.

Gegenüber dem Senat (Vorsitz: Richterin Anna-Sophia Geisselhof­er) wies der Verteidige­r des Mannes in seiner Gegenäuße- rung zum Anklagevor­trag die massiven Vorwürfe zurück. Sein Mandant habe das Mädchen im Jahr 2001 „ein einziges Mal am Oberkörper unsittlich betastet – mehr nicht“. Tatsache sei, so der Verteidige­r, dass das Jugendamt den einmaligen Vorfall damals „als vernachläs­sigbar“erachtet habe und nicht mit einer Anzeige eingeschri­tten sei: „Mein Mandant unterzog sich damals sofort einer psychologi­schen Supervisio­n. Der Vorfall war eigentlich schon aufgearbei­tet und das Mädchen hatte auch weiter regen Kontakt mit der Fa- milie meines Mandanten“, betonte der Verteidige­r. Erst als das Pflegekind in die ChristianD­oppler-Klinik gekommen sei, habe sich das Blatt gewendet und das Mädchen den Angeklagte­n belastet. Tatsächlic­h sei es dem angebliche­n Opfer beim Angeklagte­n und seiner Familie „immer gut gegangen“.

Die Ursache für das Vorliegen einer Belastungs­störung ortet der Anwalt bereits in der Kindheit des Mädchens, als es noch bei den leiblichen Eltern gelebt habe. Diese seien alkoholkra­nk gewesen, die Verhältnis­se dort total zerrüttet. Die leibliche Mutter, so ergänzte der Verteidige­r, habe etwa dem Kind vorgeworfe­n, es nehme ihr den Ehemann weg, indem es sich von diesem missbrauch­en lasse.

Vor der Vernehmung des Angeklagte­n schloss die Richterin die Öffentlich­keit aus. Der Prozess wurde auf 23. März vertagt. Weitere Zeugen werden gehört.

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