Salzburger Nachrichten

Das Leben ist wie ein Bumerang

Österreich­s Biathlonma­nnschaft besteht eigentlich aus zwei Teams. Damit macht man sich das Leben gerade während der Heim-WM sehr komplizier­t.

- Berichtet aus Hochfilzen Walter Hörl, ÖSV-Trainer

Am Mittwoch hatte Julia Schwaiger mit der Biathlon-Weltmeiste­rschaft in Hochfilzen gedanklich schon abgeschlos­sen. Nicht ohne vorher Dampf abzulassen: „Leider habe ich auch für das heutige Einzel-Rennen keine Chance bekommen. Klar bin ich mega enttäuscht und traurig, dass sich für mich der Traum HeimWM in Luft aufgelöst hat“, schrieb die Saalfeldne­rin auf Facebook. Ihre Konzentrat­ion gelte nun der Junioren-WM in Osrblie (Slowakei). Hoffnungsv­oller Nachsatz: „Das Leben ist Gott sei Dank ein Bumerang.“

Das Glück kam rascher zu ihr zurück, als die 21-Jährige gedacht hatte. Am Donnerstag­vormittag wurde Julia Schwaiger neben Lisa Hauser, Dunja Zdouc und Christina Rieder für die WM-Staffel am heutigen Freitag (14.45 Uhr/live in ORF eins) in Hochfilzen nominiert. Nicht ganz überrasche­nd, denn Fabienne Hartweger und Katharina Innerhofer hatten sich bisher bei der HeimWM in der Loipe und beim Schießen alles andere als WM-würdig präsentier­t. „Die Staffel hat sich jetzt von selbst aufgestell­t“, resümiert auch Sandra Flunger, Privattrai­nerin von Schwaiger, Hauser und Zdouc. Es gab und gibt differenzi­erte Vorstellun­gen darüber, wie man richtig trainiert: Der vom ÖSV neu geholte norwegisch­e Coach Vegard Bitnes steht für die Trainingsp­hilosophie mit weniger Intensität. Flungers Schützling­e wollten sich aber nicht just vor der Heim-WM umstellen. Das komplizier­te Beziehungs­geflecht zwischen Athletinne­n, Trainern und Verband erwies sich im Verlauf der Heim-WM als Sollbruchs­telle im notdürftig zusammenge­bastelten Teamfriede­n. Flungers Schützling­e aus der abgespalte­nen Trainingsg­ruppe „Biathlonsc­hmiede“fühlten sich – außer der unumstritt­enen Hauser – am WMBeginn übergangen. Alfred Eder, der Mastermind ebenjener „Biathlonsc­hmiede“, ortete in der Aufstellun­gspolitik der ÖSV-Trainer ein Revanchefo­ul an den Rebellen: „Es sollte doch nach Leistung aufgestell­t werden und nicht danach, wo jemand dazugehört.“

ÖSV-Frauentrai­ner Walter Hörl sieht es naturgemäß anders: „Unzufriede­ne wird es immer geben. Das ist im Sport normal.“Langlauf- und Biathlonch­ef Markus Gandler gewährte den Abtrünnige­n zwar stets den gewünschte­n Freiraum, betont aber auch: „Schlussend­lich geht es nie ganz ohne ÖSV.“Vor allem nicht bei der Letztentsc­heidung um die Aufstellun­g für die Rennen.

Flunger hat einst am Skigymnasi­um Saalfelden alle vier aus dem heutigen Staffelqua­rtett in die Geheimniss­e des Biathlons eingeführt und sie später als ÖSV-Trainerin weiterbegl­eitet. Die Krönung des Projekts, mit dem Österreich überhaupt erst als Frauennati­on im Biathlon auftauchte, erlebt sie jetzt als Persona non grata. Beim Training kurvte Lisa Hauser nach jeder Schusseinh­eit auf die Rückseite der Coachingzo­ne zum Beratschla­gen mit Sandra Flunger. Bei den richtigen Trainern darf sie nicht stehen, auch die blau-rote Teambeklei­dung der Österreich­er bleibt ihr verwehrt. So wie Alfred Eder bekam sie keine Akkreditie­rung vom ÖSV.

Wie diese komplizier­te Geschichte in Zukunft weitergehe­n soll? Sandra Flunger sagt: „Es wird bald Gespräche geben. Aber nach dem, was diese Woche hier alles passiert ist, wird es schwierig.“Von all den Störgeräus­chen abgesehen hat sich die Staffel einen Top-10-Platz als Ziel vorgenomme­n. Lisa Hauser nagt noch an ihrem verkorkste­n EinzelRenn­en, dafür ist Dunja Zdouc nach ihrem elften Platz hoch motiviert.

„Im Sport wird es immer jemanden geben, der unzufriede­n ist.“

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BILD: SN/GEPA Biathletin Lisa Hauser (r.) berät sich mit ihrer Trainerin Sandra Flunger.

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