Der Mann, der Hirscher Feuer unter den Füßen macht
Thomas Graggaber ist mitverantwortlich für Sieg und Niederlage von Marcel Hirscher. Er ist Herr über 55 Paar Ski, die er zu „Waffen“machen soll.
Seine Millimeterarbeit bei der WM dauert lang, oft von 6 Uhr früh bis Mitternacht. Und sie ist verantwortungsvoll, entscheidet mit über Sieg und Niederlage von Marcel Hirscher. „Wir gewinnen und verlieren zusammen“, erklärt Thomas Graggaber, während er an einem der 55 Paar Ski des Topstars schleift, wachst und misst. Mittlerweile stehen „nur mehr“38 Latten von Hirscher in der St. Moritzer Werkstatt von Atomic. Dazu kommen sechs Paar Skischuhe des frischgebackenen Weltmeisters.
Graggaber, der selbst 22 Weltcupstarts zu Buche stehen hat und seit 2011 als Servicemann um die Skiwelt reist, ist seit dieser Saison an der Seite von Marcel Hirscher. Der 36jährige Lungauer trat in große Fußstapfen, denn sein Vorgänger, der Gasteiner Edi Unterberger, war zuvor mitverantwortlich für die beispiellosen Erfolge von Hermann Maier und eben Hirscher. Seiner Verantwortung ist sich Graggaber bewusst: „Jeder, der Marcel kennt, weiß, dass für ihn ein zweiter Platz schon eine Niederlage sein kann. Wenn das Material nicht passt, dann liegt es natürlich auch an mir.“ Wobei die letzte Entscheidung bei Hirscher selbst liegt. Beim Training liegen sieben Ski am Start, beim Rennen zwei bis drei.
Hirscher ist als Tüftler bekannt. Was er testen und probieren will, muss Graggaber vorbereiten. In den frühen Morgenstunden sind die beiden auf der Piste. Wenn Hirscher danach sein Fitnesstraining absolviert, Videos analysiert oder auf der Massagebank liegt, steht Graggaber im Skiraum. Worauf kommt es genau an? „Je nach Schneebeschaffenheit, Gelände, Wetter und Torabstand gibt es verschiedene Taillierungen, Kantenwinkel, Belagsstrukturen und so weiter“, erklärt Graggaber, dass keines der 23 Paar Slalomski dem anderen gleicht. Genaue Details darf und will er nicht verraten. Der Skirennsport ist längst eine HightechSparte, die Skifirmen stehen im Konkurrenzkampf und hüten die Betriebsgeheimnisse.
Wie viele Millionen Euro Atomic in den Skirennsport und in Hirscher speziell investiert, kann nur erahnt werden. Er und Mikaela Shiffrin kassieren neben einem satten Fixum auch erfolgsabhängige Prämien. Nicht aber die Servicemänner, die auf den Goodwill ihrer Athleten angewiesen sind. „Wir haben keine Abmachung. Mal schauen, was Marcel am Ende springen lässt“, grinst Familienvater Graggaber. Auf einen finanziellen Bonus aus der Hand des Superstars darf er hoffen, zumal Hirscher recht großzügig sein soll. „Und ein paar Bier gehen sich heute auch aus“, sagte Graggaber nach Riesentorlauf-Gold.