„Strom ist austauschbar, Service nicht“
Der Chef der Salzburg AG erklärt, warum der Kampf um Kunden über den Preis nicht zu gewinnen ist und er auf Elektromobilität setzt.
Es gibt kaum eine Branche, die sich aktuell nicht mit der Digitalisierung beschäftigt, die Energiewirtschaft ist keine Ausnahme. „Die Entwicklung ist nicht aufzuhalten“, sagt Schitter, die Kunden wollten heute nicht mehr primär einen verlässlichen Stromlieferanten, sondern Komplettlösungen. Das sei eine Herausforderung, aber auch eine Chance für jeden Energieversorger, sagt Schitter, denn „Strom ist austauschbar, aber Service nicht“.
Das Ziel der Reise heißt schlaue Netze, schlaue Stromzähler und schlaue Häuser. Wie so oft hat sich auch hier das Englische durchgesetzt, alles redet vom Smart Home. Auf dem Weg dorthin komme man gut voran, sagt Schitter. Bis 2019 investiere man in Salzburg 175 Mill. Euro in intelligente Stromzähler. Abgesehen von den Kosten (2 Mrd. Euro in ganz Österreich bei einer Abdeckung von 95 Prozent) gibt es beim Smart Home auch Bedenken in puncto Sicherheit. Schitter kennt die Einwände, hält dem aber entgegen, dass die höchsten Standards in der IT-Sicherheit für einen Energieanbieter, der auch Telefonie, KabelTV und Internet anbietet, ohnehin unverzichtbar seien. Schutz vor Cyber-Kriminalität habe oberste Priorität, von großen Attacken sei man bisher verschont geblieben. Vor einigen Jahren gab es einen Hackerangriff auf den hauseigenen TVund Internetanbieter CableLink, man habe das Problem aber ohne Schaden für die 120.000 Kunden rasch lösen können, sagt Schitter.
An den Vorteilen von Smart Home führe in Zukunft aber kein Weg vorbei, ist Schitter überzeugt. Mit dem Produkt „Heimo“bietet die Salzburg AG eine mobile Applikation an, mit der man sein Haus nicht nur überwachen und heizen, sondern auch die Stromerzeugung der eigenen Photovoltaik-Anlage steuern kann. Dass der Konsument auch zum Erzeuger von Strom werde, sei der nächste Schritt in der Branche.
Für solche Lösungen seien Kunden bereit zu zahlen und sie erhöhten auch die Loyalität, bei kleinen Unterschieden im Strom- oder Gaspreis nicht gleich den Anbieter zu wechseln. „Wenn der Preis den Ausschlag gibt, haben wir etwas grundlegend falsch gemacht.“Bei der Salzburg AG betrage die Wechselrate rund 1 Prozent, obwohl Kunden über die Tariflandschaft gut informiert seien. Dass der Marktanteil im eigenen Versorgungsgebiet 90 Prozent beträgt, begründet Schitter auch damit, dass man zu den drei günstigsten Landes-Energieversorgern gehöre. Die Preissenkung Anfang Februar soll Haushaltskunden bei Strom und Gas eine Ersparnis von jährlich 5 Prozent bringen.
Auf Grün stehen die Signale auch beim Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs, neben Energie und Kommunikation das dritte Geschäftsfeld der Salzburg AG. Im Dezember ging in der Stadt eine neue Obus-Linie in Betrieb, pro Jahr würden rund 11 Mill. Euro ins Netz investiert, sagt Schitter. Darüber hinaus sieht er aber viel Potenzial im Bereich der privaten E-Mobilität.
Das nächste große Vorhaben ist der Ausbau des Ladestationen-Netzes für Elektrofahrzeuge. „Wir sehen unsere Aufgabe im Investieren in die Infrastruktur“, sagte Schitter. Zu den 70 eigenen Ladestationen sollen in Kooperation mit Land und Gemeinden 119 weitere kommen. Die Kosten von rund 30.000 Euro je Ladestation (mit 20 bis 25 Minuten Ladedauer) werden zu gleichen Teilen getragen. Noch in diesem Jahr sollen diese Strom-Tankstellen über ein einheitliches Bezahlsystem vertragsfrei für jeden zugänglich sein.
Ergänzt wird dieses Netz von La- destationen durch Produkte für Private und Betriebe, die das Aufladen der Batterien von E-Autos über das herkömmliche Stromnetz ermöglichen. Seit 2012 betreibt die Salzburg AG in einer gemeinsam Tochter mit Rewe Austria in der Landeshauptstadt zudem das erste CarSharing, das ausschließlich auf Elektrofahrzeuge setzt, von denen mittlerweile 40 in Betrieb sind.
„Über den Preis gewinnt man nicht.“Leonhard Schitter, Vorstandschef
Leonhard Schitter (*1967) kam nach Stationen bei Emco, den Büros der Landeshauptleute Hans Katschthaler und Franz Schausberger und als Geschäftsführer in der Kaindl Gruppe 2012 in den Vorstand der Salzburg AG. Seit Anfang 2016 ist er Vorsitzender. Im Juni wird Schitter die Nachfolge von Wolfgang Anzengruber als Präsident von Oesterreichs Energie antreten und für die Branche sprechen. An der Salzburg AG hält das Land 42,56 Prozent, die Stadt 31,31 Prozent und die Energie AG OÖ 26,13 Prozent.