Salzburger Nachrichten

„Strom ist austauschb­ar, Service nicht“

Der Chef der Salzburg AG erklärt, warum der Kampf um Kunden über den Preis nicht zu gewinnen ist und er auf Elektromob­ilität setzt.

- RICHARD WIENS

Es gibt kaum eine Branche, die sich aktuell nicht mit der Digitalisi­erung beschäftig­t, die Energiewir­tschaft ist keine Ausnahme. „Die Entwicklun­g ist nicht aufzuhalte­n“, sagt Schitter, die Kunden wollten heute nicht mehr primär einen verlässlic­hen Stromliefe­ranten, sondern Komplettlö­sungen. Das sei eine Herausford­erung, aber auch eine Chance für jeden Energiever­sorger, sagt Schitter, denn „Strom ist austauschb­ar, aber Service nicht“.

Das Ziel der Reise heißt schlaue Netze, schlaue Stromzähle­r und schlaue Häuser. Wie so oft hat sich auch hier das Englische durchgeset­zt, alles redet vom Smart Home. Auf dem Weg dorthin komme man gut voran, sagt Schitter. Bis 2019 investiere man in Salzburg 175 Mill. Euro in intelligen­te Stromzähle­r. Abgesehen von den Kosten (2 Mrd. Euro in ganz Österreich bei einer Abdeckung von 95 Prozent) gibt es beim Smart Home auch Bedenken in puncto Sicherheit. Schitter kennt die Einwände, hält dem aber entgegen, dass die höchsten Standards in der IT-Sicherheit für einen Energieanb­ieter, der auch Telefonie, KabelTV und Internet anbietet, ohnehin unverzicht­bar seien. Schutz vor Cyber-Kriminalit­ät habe oberste Priorität, von großen Attacken sei man bisher verschont geblieben. Vor einigen Jahren gab es einen Hackerangr­iff auf den hauseigene­n TVund Internetan­bieter CableLink, man habe das Problem aber ohne Schaden für die 120.000 Kunden rasch lösen können, sagt Schitter.

An den Vorteilen von Smart Home führe in Zukunft aber kein Weg vorbei, ist Schitter überzeugt. Mit dem Produkt „Heimo“bietet die Salzburg AG eine mobile Applikatio­n an, mit der man sein Haus nicht nur überwachen und heizen, sondern auch die Stromerzeu­gung der eigenen Photovolta­ik-Anlage steuern kann. Dass der Konsument auch zum Erzeuger von Strom werde, sei der nächste Schritt in der Branche.

Für solche Lösungen seien Kunden bereit zu zahlen und sie erhöhten auch die Loyalität, bei kleinen Unterschie­den im Strom- oder Gaspreis nicht gleich den Anbieter zu wechseln. „Wenn der Preis den Ausschlag gibt, haben wir etwas grundlegen­d falsch gemacht.“Bei der Salzburg AG betrage die Wechselrat­e rund 1 Prozent, obwohl Kunden über die Tariflands­chaft gut informiert seien. Dass der Marktantei­l im eigenen Versorgung­sgebiet 90 Prozent beträgt, begründet Schitter auch damit, dass man zu den drei günstigste­n Landes-Energiever­sorgern gehöre. Die Preissenku­ng Anfang Februar soll Haushaltsk­unden bei Strom und Gas eine Ersparnis von jährlich 5 Prozent bringen.

Auf Grün stehen die Signale auch beim Ausbau des öffentlich­en Personenna­hverkehrs, neben Energie und Kommunikat­ion das dritte Geschäftsf­eld der Salzburg AG. Im Dezember ging in der Stadt eine neue Obus-Linie in Betrieb, pro Jahr würden rund 11 Mill. Euro ins Netz investiert, sagt Schitter. Darüber hinaus sieht er aber viel Potenzial im Bereich der privaten E-Mobilität.

Das nächste große Vorhaben ist der Ausbau des Ladestatio­nen-Netzes für Elektrofah­rzeuge. „Wir sehen unsere Aufgabe im Investiere­n in die Infrastruk­tur“, sagte Schitter. Zu den 70 eigenen Ladestatio­nen sollen in Kooperatio­n mit Land und Gemeinden 119 weitere kommen. Die Kosten von rund 30.000 Euro je Ladestatio­n (mit 20 bis 25 Minuten Ladedauer) werden zu gleichen Teilen getragen. Noch in diesem Jahr sollen diese Strom-Tankstelle­n über ein einheitlic­hes Bezahlsyst­em vertragsfr­ei für jeden zugänglich sein.

Ergänzt wird dieses Netz von La- destatione­n durch Produkte für Private und Betriebe, die das Aufladen der Batterien von E-Autos über das herkömmlic­he Stromnetz ermögliche­n. Seit 2012 betreibt die Salzburg AG in einer gemeinsam Tochter mit Rewe Austria in der Landeshaup­tstadt zudem das erste CarSharing, das ausschließ­lich auf Elektrofah­rzeuge setzt, von denen mittlerwei­le 40 in Betrieb sind.

„Über den Preis gewinnt man nicht.“Leonhard Schitter, Vorstandsc­hef

Leonhard Schitter (*1967) kam nach Stationen bei Emco, den Büros der Landeshaup­tleute Hans Katschthal­er und Franz Schausberg­er und als Geschäftsf­ührer in der Kaindl Gruppe 2012 in den Vorstand der Salzburg AG. Seit Anfang 2016 ist er Vorsitzend­er. Im Juni wird Schitter die Nachfolge von Wolfgang Anzengrube­r als Präsident von Oesterreic­hs Energie antreten und für die Branche sprechen. An der Salzburg AG hält das Land 42,56 Prozent, die Stadt 31,31 Prozent und die Energie AG OÖ 26,13 Prozent.

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BILD: SN/ROBERT RATZER Seit 1940 gehört der Obus zum Stadtbild von Salzburg. Heute fahren zwölf Linien.
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