Polizei unterrichtet Zivilcourage Rollenspiele sollen helfen. Anstoß für die Kurse ist ein tragischer Vorfall.
Dieser Kurs ist in Deutschland wohl einzigartig. Der Ort: das Verkehrszentrum des Deutschen Museums in München. Die Szene: ein ausrangierter S-BahnWagen. Die Protagonisten: ein abwechselnd pöbelnder, betrunkener, aufdringlicher oder aggressiver Mann und 20 Menschen, die er belästigt. Der Pöbler ist ein Polizist, der in die Rolle des Querulanten geschlüpft ist. Seine „Opfer“nehmen an einem Kurs zum Thema Zivilcourage teil, den der Verein Aktion Münchner Fahrgäste mit der Polizei anbietet.
Wie die Bundespolizei mitteilt, gibt es mit „Tu was“zwar ein deutschlandweites ZivilcourageProjekt, die Umsetzung aber sei Sache der Bundesländer. München geht einen eigenen Weg – der einen tragischen Hintergrund hat. Im September 2009 war der 50-jährige Dominik Brunner am Münchner SBahnhof Solln Kindern zu Hilfe geeilt und von Jugendlichen erschlagen worden. Nach seinem Tod initiierte der Verein das Training „Mit Herz und Verstand“. Dort sollen Menschen den Ernstfall trainieren.
„Oder verhindern, dass es erst dazu kommt“, sagt Martin Marino von der Aktion Münchner Fahrgäste. Das Ziel: helfen, ohne sich in Gefahr zu bringen. Der Kurs beginnt mit einem Theorieblock. Die Polizisten erklären, wie man eine Notfallmeldung in der Bahn absetzt und wie eine gute Täterbeschreibung aussieht. „Es gibt zehn Punkte, die sich jeder Zeuge merken sollte“, sagt Hartmut Brach von der Bundespolizei München. Dies seien äußerliche Merkmale des Täters oder sprachliche Auffälligkeiten.
Danach geht es in den ausrangierten Wagen. Brachs Kollege Mike Kaufmann schlüpft in die Täterrolle. Die Kursteilnehmer sollen sich die Situationen „so reell wie möglich vorstellen“. Im Fall einer sexuellen Belästigung raten die Polizisten, laut zu schreien. Etwa „Lassen Sie mich in Ruhe“, weil dadurch auch deutlich werde, dass ein Unbekannter gegenüberstehe. Falls ein Angreifer mit dem Messer droht, empfiehlt Kaufmann: „Geben Sie der Person, was sie will. Sie haben nur ein Leben.“