Salzburger Nachrichten

AK zieht rote Linien bei flexiblen Arbeitszei­ten

Überstunde­nzuschläge sind für die Arbeitnehm­ervertrete­r nicht verhandelb­ar.

- RICHARD WIENS WIEN.

Die Sozialpart­ner sollen der Regierung bis Ende Juni einen Vorschlag zur weiteren Flexibilis­ierung der Arbeitszei­ten vorlegen. Bis es dazu kommt, müssen die Interessen­vertreter der Arbeitnehm­er und -geber allerdings noch einige Hürden überspring­en.

Die Wirtschaft wünscht sich die Ausdehnung der täglichen und wöchentlic­hen Normal- und Höchstarbe­itszeit sowie längere Durchrechn­ungszeiträ­ume für den Ausgleich von Überstunde­n. Damit beißt sie allerdings bei der Arbeiterka­mmer auf Granit. Die Wirtschaft­svertreter betrieben ein falsches Spiel, es gehe ihnen gar nicht um mehr Flexibilit­ät, sondern darum, die Überstunde­nzuschläge abzuschaff­en, sagte Markus Wieser, Präsident der Arbeiterka­mmer NÖ, am Montag vor Journalist­en. Er hält die Diskussion für „merkwürdig“, denn schon jetzt könne die Arbeitszei­t flexibel gestaltet werden – „bis hin zu Rundum-die-Uhr geht alles“, sagt Wieser.

Darüber hinaus hält er es für irreführen­d, Arbeitnehm­ern zu sagen, flexiblere Arbeitszei­ten brächten ihnen mehr Freiheit bei der Einteilung. Denn in den meisten Berufen seien Beginn und Ende vorgegeben – von der Schichtarb­eit über den Busfahrer bis zum Angestellt­en im Krankenhau­s. Er kenne auch keinen Betrieb, wo ein Auftrag aufgrund zu wenig flexibler Arbeitszei­ten nicht abgearbeit­et worden sei, sagte Wieser, „flexibler geht es kaum mehr“.

Auch für Rudolf Kaske, Präsident der Bundesarbe­iterkammer, steht und fällt eine Einigung auf flexiblere Arbeitszei­ten mit den Überstunde­nzuschläge­n. Schon jetzt werde ein Fünftel der 250 Mill. geleistete­n Überstunde­n (2015) nicht abgegolten. Die von der Wirtschaft gewünschte Ausdehnung der Arbeitszei­ten und damit der Wegfall von Überstunde­n brächten vielen Arbeitnehm­ern finanziell­e Einbußen. Kaske geht es zudem um eine familienfr­eundliche Regelung, vor allem im Hinblick auf Frauen in Teilzeit.

Wie ein Kompromiss in der umstritten­en Sache aussehen könnte, darauf wollte Kaske nicht eingehen. Man stehe am Beginn der Verhandlun­gen, er sei aber zuversicht­lich, dass man im späten Frühjahr ein Zwischener­gebnis oder eine Einigung präsentier­en könne. Auch in der Wirtschaft­skammer übt man sich in Optimismus, im Gegenzug für höhere Mindestlöh­ne pocht Präsident Christoph Leitl allerdings auf mehr Spielraum in der Arbeitszei­t.

In einer 2016 von FORBA durchgefüh­rten Befragung von 2000 Beschäftig­ten in der Industrie und in Dienstleis­tungsberuf­en zeigte sich eine große Mehrheit mit Gleitzeitm­odellen grundsätzl­ich zufrieden. Allerdings werde von fast zwei Dritteln der Betroffene­n kritisiert, dass ihnen Plusstunde­n gestrichen oder Zuschläge vorenthalt­en würden, sagt AK-Direktor Christoph Klein. Problemati­sch sei auch die Kurzfristi­gkeit der Informatio­n, mehr als die Hälfte der Mitarbeite­r würden weniger als 14 Tage vorher erfahren, wann sie arbeiten müssten.

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