Salzburger Nachrichten

Milliardär wurde im Justizpala­st verhaftet

Das Oberlandes­gericht Wien erklärte die Auslieferu­ng des ukrainisch­en Milliardär­s an die USA für zulässig. Daraufhin wurde er festgenomm­en. Nur mehr der Justizmini­ster kann ihm helfen.

- FRITZ PESSL

Die USA und Spanien begehren von Österreich die Auslieferu­ng des Oligarchen Dmitry Firtasch. Jetzt wurde der Ukrainer unmittelba­r nach einer Verhandlun­g festgenomm­en.

Im altehrwürd­igen Justizpala­st in Wien ginge sam Dienstag überaus turbulent zu: Unmittelba­r nachdem ein Drei-RichterSen­at des Oberland es gerichts Wien entschiede­n hatte, dass der ukrainisch­e Milliardär Dmitry Firtasch an die USA ausgeliefe­rt werdend arf,wurd eder 51- Jährige auf Anordnung der Staatsanwa­ltschaft festgenomm­en.

Und zwar wegen eines zweiten, eines europäisch­en Haftbefehl­s aus Spanien, der noch im Gericht vollzogen wurde. Firtasch muss nun binnen 48 Stunden in die Justizanst­alt Josefstadt eingeliefe­rt werden. So lang hat die Anklagebeh­örde Zeit, bei Gericht die Verhängung der Übergabeha­ft zu beantragen.

Mit diesem Paukenschl­ag hatte der Industriel­le wohl nicht gerechnet. Selbst bei Verkündung der Entscheidu­ng durch das Oberlandes­gericht hatteFirta­s ch keine Miene verzogen. Dabei hatte der Senat die Auslieferu­ng des ukrainisch­en Industriel­len an die USA für zulässig erklärt.

Dort drohen Firtasch bis zu 20 Jahre Haft. Die Justizbehö­rden in Chicago werfen Firtasch vor, er habe im Jahr 2006 für Titan abbau lizenzen indische Amtsträger mit 18,5 Mill. US-Dollar zu bestechen versucht und er sei Mitglied einer internatio­nalen kriminelle­n Organisati­on. Jetzt wird der politisch höchst brisante Fall endgültig zu einem Politikum, denn nur mehr Justizmini­ster Wolfgang Brandstett­er (ÖVP) kann den Oligarchen vor dem Zugriff der US-Justiz bewahren.

Seit drei Jahren sitzt der Milliardär in Österreich fest. Einige Tage befand er sich im Jahr 2014 in Auslieferu­ngshaft, gegen Bezahlung einer Rekordkaut­ion von 125 Millionen Euro kam er auf freien Fuß. Nachdem das Erstgerich­t das USAusliefe­rungsbegeh­ren abgelehnt hatte, war Firtasch überzeugt davon, dass er bald wieder als freier Mann in seine Heimat reisen werde. Doch es sollte anders kommen.

Der Vorsitzend­e Leo LevnaicIwa­nski begründete die Entscheidu­ng: Das Gericht habe die Verdachtsl­age nur formell zu prüfen. Aufgrund der Urkunden und der dokumentie­rten Aussagen gebe es diesbezügl­ich keine Bedenken.

Zur Frage der politische­n Motivation des Auslieferu­ngsersuche­ns, die das Erstgerich­t angenommen hatte, verwies das Oberlandes­gericht darauf, dass diese Überlegung nur in Bezug auf „politisch motivierte“Straftaten anzuwenden sei, nicht aber auf allgemeine Kriminalst­raftaten. Die Firtasch vorgeworfe­nen Delikte hätten allerdings keinen politische­n Charakter.

Neben den US-Behörden ist der Unternehme­r jüngst auch in Spanien ins Visier der Strafverfo­lgungsbehö­rden geraten. Dort will ihm ein Staatsanwa­lt wegen Geldwäsche und organisier­ter Kriminalit­ät den Prozess machen. Im November 2016 war daher ein Auslieferu­ngsbegehre­n an Österreich ergangen.

Die Staatsanwa­ltschaft hat offensicht­lich nur mehr die US-Auslieferu­ngsentsche­idung abgewartet, um dann zuzuschlag­en. Eine Auslieferu­ng innerhalb der EU ist bedeutend einfacher und schneller als in die USA. „Hier gelten vereinfach­te Regeln“, sagte Nina Bussek, Sprecherin der Staatsanwa­ltschaft. Für Justizmini­ster Wolfgang Brandstett­er (ÖVP) ist die Frage einer Auslieferu­ng noch offen, wie er Dienstagab­end in der ZIB 2 sagte. Es müsse nun ein Richter prüfen, was an den Vorwürfen aus Spanien zutreffe.

Der Anwalt von Dmitry Firtasch, Dieter Böhmdorfer, will die Entscheidu­ng des Oberlandes­gerichts Wien bekämpfen – sowohl vor den österreich­ischen Gerichten wie auch vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte.

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BILD: SN/AP Der ukrainisch­e Milliardär Dmitry Firtasch wurde sofort nach seiner Verhandlun­g im Justizpala­st verhaftet.

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