Mäßiger Sport ist bei Herzschwäche gesund
Münchner Forscher widerlegen die bisherige medizinische Praxis, dass für Menschen, die an einer Herzschwäche leiden, jegliche körperliche Anstrengung streng verboten ist.
Münchner Wissenschafter widerlegen die bisherige medizinische Praxis, dass für Menschen, die an einer Herzschwäche leiden, jegliche körperliche Anstrengung streng verboten ist.
Körperliches Training führt nicht wie bisher angenommen zu einer schädigenden Erweiterung der Herzkammer. Forscher der Technischen Universität München (TUM) und der Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität in Trondheim (NTNU) widerlegen diese bisherige Annahme und geben Empfehlungen, wie ein Training bei Personen mit Herzschwäche aussehen sollte.
Die Herzmuskelschwäche, auch Herzinsuffizienz genannt, zählt in wohlhabenden Ländern zu den häufigsten Todesursachen. Betroffen von der symptomatischen Herzinsuffizienz (HI) sind generell 0,4 bis zwei Prozent der europäischen Population, in der EU leiden bis zu zehn Millionen Menschen an HI, in Österreich sind es bis zu 160.000 Patienten.
Als Folge dieser Erkrankung ist das Herz nicht mehr in der Lage, den Körper ausreichend mit Blut und Sauerstoff zu versorgen. Bislang ist die Prognose bei dieser Erkrankung schlecht und vergleichbar mit manchen Krebsleiden. Schätzungen für Österreich sprechen davon, dass jedes Jahr 15.000 Menschen an HI versterben.
„Für Herzinsuffizienz stand bisher die medikamentöse Therapie im Vordergrund. Ergänzt wurde dies durch einen Herzschrittmacher, der die Kontraktion des Herzmuskels optimiert, und einen Defibrillator – beides soll einen plötzlichen Herztod durch Herzrhythmusstörungen verhindern“, sagt Professor Martin Halle vom Lehrstuhl für Präventive und Rehabilitative Sportmedizin der TU München.
Körperliches Training wurde Erkrankten dagegen lange strikt verboten, da befürchtet wurde, dass sich dadurch die Pumpfunktion des Herzens weiter verschlechtert.
Doch in den vergangenen Jahren haben Studien gezeigt, dass ergänzendes körperliches Training belastbarer macht und weitere Klinikaufenthalte wegen sich verschlechternder Symptome reduziert. Für eine Studie, vor Kurzem im Journal „Circulation“der American Heart Association erschienen, untersuchten Mediziner in neun europäischen Zentren, welche Trainingsform sich wie auf ein geschädigtes Herz auswirkt. Damit sei belegt, dass eine moderate Sporttherapie die Prognose von Erkrankten deutlich verbessere, sagt Halle.
Im Zeitraum von 2009 bis 2014 wurden dafür 261 Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz in drei Gruppen eingeteilt und durchliefen 52 Wochen lang verschiedene Trainingseinheiten. Zunächst wurde mit allen drei Gruppen über drei Monate ein von Medizinern betreutes Training durchgeführt und zusätzlich eine Empfehlung zur Fortführung der Intervention für weitere neun Monate gegeben.
Patienten, die zwölf Wochen lang an einem überwachten moderaten Training teilnahmen, erzielten die besseren Effekte als diejenigen, die allein trainierten. „Wir konnten eine Verkleinerung der linken Herzkammer und damit eine Verbesserung der Pumpfunktion beobachten“, sagt Halle. „Und es verbesserte sich die körperliche Verfassung.“
„Insgesamt unterstreicht diese neue Studie, wie sehr ein regelmäßiges körperliches Training bei moderater Intensität allen Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz zu empfehlen ist“, fasst Halle zusammen – „von höheren Intensitäten würde ich persönlich jedoch abraten, bis wir mehr darüber wissen und auf Langzeitzahlen zurückgreifen können.“
Dazu gibt der Mediziner zugleich den konkreten Tipp: „Moderates Training bedeutet rund hundert Schritte pro Minute oder 3000 Schritte in 30 Minuten.“
Vorteile einer Sporttherapie für Herzpatienten laut Professor Halle: Das Herz wird entlastet und es wird durch verbesserte Herzmuskelfunktion gestärkt. Die Blutgefäße werden erweitert, außerdem werden neue Blutgefäße gebildet. Erhöhter Blutdruck und Blutfettwerte werden gesenkt, die Sauerstoffaufnahme aus dem Blut verbessert sich. Auch das Risiko für herz- und gefäßbedingte Notlagen wie Herzinfarkt und Schlaganfall sinkt. Die Belastbarkeit und die Leistungsfähigkeit werden außerdem gesteigert.