Salzburger Nachrichten

Trump erhält Lob für Sicherheit­sberater

Herbert Raymond McMaster gilt als glänzende Wahl. Doch der Realist ist im Weißen Haus umzingelt von Ideologen.

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WASHINGTON. Schon als junger Major der Army ließ er aufhorchen. An der renommiert­en Universitä­t von Chapel Hill in North Carolina verfasste Herbert Raymond McMaster eine Doktorarbe­it, in der er schonungsl­os mit der Liebediene­rei der US-Generalitä­t während des Vietnamkri­egs abrechnete. In seiner Dissertati­on mit dem Titel „Derelictio­n of Duty“(deutsch: Amtspflich­tverletzun­g) schrieb er dem Generalsta­b keck ins Stammbuch, er habe Präsident Lyndon B. Johnson bloß nach dem Mund geredet, statt ihm nützlichen Rat zu erteilen. „Der Krieg in Vietnam ist nicht auf dem Schlachtfe­ld verloren worden oder auf den Titelseite­n der ,New York Times‘ oder an den Universitä­ten. Er wurde in Washington, D. C. verloren.“

So schreibt nicht einer, der eine schnelle Karriere plant, sondern ein Störenfrie­d, der bereit ist, Risiken einzugehen. Genau dieser Aspekt an der Persönlich­keit seines neuen Nationalen Sicherheit­sberaters dürfte dem Präsidente­n gefallen haben. Donald Trump hat eine Schwäche für Leute, die den Status quo infrage stellen.

Diese Eigenschaf­t teilt McMaster mit seinem Vorgänger Michael Flynn, der wegen seiner fragwürdig­en Moskau-Nähe keinen Monat in dem wichtigen Amt verweilte, welches das Scharnier zwischen Weißem Haus, Außenminis­terium und Pentagon ist. Während Flynn mit seiner Neigung zu faktenarme­n Verschwöru­ngstheorie­n aus dem Rahmen fiel, machte sich der in Afghanista­n und Irak gestählte Generalleu­tnant einen Namen mit seinem nüchternen Sinn für Realitäten. Als der damalige Colonel (deutsch: Oberst) 2005 vor der Aufgabe stand, die eine halbe Million Einwohner zählende Stadt Tal Afar im Westen des Iraks der Kontrolle der Al-Kaida-Kämpfer zu entreißen, lehnte er sich gegen seine Vorgesetzt­en auf. Mit seinen Truppen und der bisher verfolgten Strategie sei dies nicht zu machen, ließ er diese wissen. McMaster wandte sich direkt an die US-Militärfüh­rung in Bagdad, um sich seinen Plan genehmigen zu lassen. Mit Erfolg.

McMaster verordnete seinen Truppen vor der Rückerober­ung einen Schnellkur­s in arabischer Kultur und ein paar Redewendun­gen für den Alltag. Er etablierte 29 Stützpunkt­e in der Stadt, die nicht nur als militärisc­he, sondern auch als soziale Brückenköp­fe in die Bevölkerun­g dienten. Statt in einer Festung außerhalb der Stadt lebten die US-Soldaten innerhalb Tal Afars und verdienten sich über die Zeit das Vertrauen der Bevölkerun­g.

McMaster exerzierte in der irakischen Stadt mustergült­ig durch, was General David Petraeus und Ge- neral James Mattis, der heute an der Spitze des Pentagon steht, später zur neuen Doktrin im Kampf gegen den Widerstand erklärten: die „Clear, hold and build“-Strategie (deutsch: „Befreien, sichern und aufbauen“). McMaster brachte der Erfolg zunächst Neid und Missgunst ein. Seine Eigenwilli­gkeit passte seinen Vorgesetzt­en in der Army nicht, die ihn mehr als einmal bei den Beförderun­gen übergingen. Es lag an seinem Förderer Petraeus, der ihm nach Rückkehr in Washington den ersten Generalste­rn gab.

Der Experte Peter Bergen nennt den glatzköpfi­gen Ausnahmege­neral „eine brillante Wahl“, weil er ein „zupackende­r Praktiker und tiefgründi­ger Denker“sei. Ein Lob, das von Analysten und Politikern unisono geteilt wird. John McCain, einer der schärfsten Kritiker Trumps, nennt McMaster einen Mann „mit echtem Intellekt, Charakter und Kompetenz“.

All das muss er nun an der Spitze des bisher wenig funktionst­üchtigen Nationalen Sicherheit­srats im Weißen Haus unter Beweis stellen. Dort hat es der Nachfolger Flynns mit dem Einfluss rechter Ideologen wie Trumps Chefstrate­gen Stephen Bannon oder der umstritten­en Sicherheit­sberaterin K. T. McFarland zu tun, die den Präsidente­n in antiislami­schen und isolationi­stischen Instinkten bestärken.

Als neuer Nationaler Sicherheit­sberater kann McMaster nun unter Beweis stellen, dass er Lehren aus den Fehlern zieht, die er als junger Major so brillant bei der Generalitä­t in Zeiten des Vietnamkri­egs analysiert hatte. Vom Kampf gegen die IS-Miliz bis hin zur Auseinande­rsetzung mit Russland und Nordkorea wird sich dafür gewiss Gelegenhei­t genug bieten.

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BILD: SN/AP Herbert Raymond McMaster
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