Der Westen flimmert dem Ende zu
Live in Salzburg: The American West vertonen ein neues altes Amerika.
SALZBURG. Mit dem Gegenteil von Donald Trump, mit einem Amerika, das in der Offenheit Chancen und in der Freiheit Leidenschaft sieht, tauchen The American West auf. Natürlich beziehen sich die beiden Begriffe, die in den Songs von Matthew Zeltzer mitschwingen, nicht auf die Ökonomie. Sie beziehen sich auf die Weite im Kopf, die in den musikalischen Mythen des nordamerikanischen Kontinents immer mit der Weite des Landes zu tun hat. So streift Zeltzer mit seinem Bandprojekt The American West durch das Land, das gelobt und verdammt sein kann.
Zeltzer gehört mit seinem Debütalbum „The Soot Will Bring Us Back Again“zu den erstaunlich vielen lässigen Musikern, die derzeit in Portland daheim sind. Vor wenigen Tagen erschien das Werk, das er nach einem Auftritt in Wien heute, Mittwoch, in Salzburg vorstellt.
Die Songs schürfen in der Geschichte der Gepeinigten und der Hoffnung, durchwandern in wilden Bildern eine „Ghost Town“oder erinnern sich märchenhaft an Eroberungen, die nie von Dauer sind („Patience, Young Conquistador“). Zeltzer weckt in seiner tief in der Klanglandschaft von Americana verwurzelten Musik den von Bruce Springsteen besungenen „Ghost of Tom Joad“. Zwischen Pedal-Steel und folkigem Flirren, flehender Violine und geschrammelter Gitarre taucht das Land aus John Steinbecks Roman „Früchte des Zorns“auf – ein bisschen Depression, ein Hauch Melancholie, ein Funken Hoffnung und vor allem: nirgendwo ein klarer Horizont, dafür aber endlose Highways. Es ist das Land, in dem Townes Van Zandt herumstreunte, das Bands wie Calexico oder Wilco musikalisch neu vermessen haben und über das Neil Young als Bewahrer und Kritiker des Mythos von Amerika wacht. All diese historischen Verweise erschlagen Zeltzer aber nicht, sondern treiben ihn zu neuen Facetten des ewigen Liedes vom unbegrenzten Traum.
Klänge es nicht wie ein Klischee, müsste man sagen: The American West erzählen so, dass einem das Herz bricht am Rand des Highways. Die Sonne wirft ihre letzten Strahlen über eine flimmernde, weite, leere Landschaft. Und im letzten Moment, gerade bevor die Tränen kommen (und man nicht weiß, ob vor Rührung oder Aussichtslosigkeit), bremst ein Wagen und die Reise geht weiter mit einem Soundtrack aus Alternative Folk, Post Americana und New Country. Und was soll’s: Es ist ein Klischee, aber eben eines, das ganz wahrhaftig und berührend intim anzuhören ist. Live: