Salzburger Nachrichten

Finnland sucht den Superstar

Die nordische Ski-WM gastiert wieder einmal in Lahti. Doch noch nie waren die Gastgeber sportlich so schlecht aufgestell­t.

- Berichtet aus Lahti 51. nordische WM in Lahti

Janne Ahonen ganz vorn, Toni Nieminen auf Platz 17. Die finnischen Meistersch­aften im Skispringe­n im vergangene­n Jahr waren eine helle Freude für Nostalgike­r, gleichzeit­ig schrillten aber auch die Alarmglock­en. Doch schnell war klar: So schnell lässt sich kein neuer Star aus dem Hut zaubern.

Die Altmeister Ahonen, inzwischen 39 Jahre alt und nach zwei Karriereen­den immer noch dabei, und Nieminen, der 1992 im Alter von 16 Jahren wie im Rausch die Vierschanz­entournee, Olympiagol­d und den Gesamtwelt­cup gewonnen hat und mit 40 Jahren sein Comeback zelebriert­e, werden mitansehen müssen, wie ihre einst so stolze Skisprung-Nation bei der Heim-WM zum Statisten degradiert wird. „Die Finnen haben irgendwann ihr Nachwuchsp­roblem übersehen. Der Erfolg von Ahonen hat viel überdeckt“, meint der deutsche Bundestrai­ner Werner Schuster.

Nieminen weicht Fragen zur WM vor seiner Haustür gekonnt aus. „Ich will einfach nur Spaß haben“, sagt er. „Springen ist das Beste, was man mit Ski machen kann. Ich habe mich bei meinem Comeback wie ein kleiner Bub gefühlt“, erzählt der einstige Superstar.

Für die Heim-WM spielt Niemi- nen freilich keine Rolle, das Aufgebot umfasst neben Janne Ahonen drei bislang noch wenig erfolgreic­he Springer: Antti Aalto, Ville Larinto und Jarkko Määttä. Bis auf Aalto haben alle Athleten zumindest schon Weltcuppun­kte gesammelt. Määttä liegt im Gesamtwelt­cup als bester Finne auf Platz 47, ex aequo mit Ahonen, dessen Denkmal längst Risse bekommen hat. Der Tournee-Rekordsieg­er beichtete in seiner Autobiogra­fie, dass er einst alkoholisi­ert zum Skifliegen angetreten war. Dass er nach seinem ersten Rücktritt noch einmal zurückgeke­hrt ist, erklärt sich mit dem Ziel, einmal zusammen mit seinem Sohn Mico (14) zu springen. Finnische Medien spekuliere­n indes mit chronische­n Geldproble­men des einstigen Skisprung-Helden.

Ähnlich, aber nicht ganz so trist, sieht die Situation bei den nordischen Kombiniere­rn aus. Mit Ilkka Herola und Eero Hirvonen gibt es derzeit zwei Top-10-Athleten. Und weil dahinter lang nichts kommt, feiert mit dem dreifachen Weltmeiste­r Hannu Manninen ein weiterer Altmeister sein WM-Comeback – sechs Jahre nach seinem Rücktritt. Medaillen sind für den 38-Jährigen, der sich inzwischen als Triathlet versucht und als Linienpilo­t bei Finnair arbeitet, aber wohl außer Reichweite.

Die einzige realistisc­he Chance auf Edelmetall besteht im Langlauf. In dieser Disziplin ist Finnland 16 Jahre nach dem Dopingskan­dal von Lahti wieder stark im Kommen (siehe Artikel unten).

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