Den Teufel an den Hörnern packen
Anlässlich des Lutherjahres rückt ein biografischer Spielfilm die Ehefrau des Reformators ins Licht. In der deutschen Produktion „Katharina Luther“wird deutlich, wie stark sich die Stellung der Frau gewandelt hat.
Vor 500 Jahren veröffentlichte der Reformator Martin Luther seine berühmten Thesen, und das Fernsehen würdigt dieses Jubiläum ausgiebig. Der Film „Katharina Luther“betrachtet die Reformationszeit aus einem ungewöhnlichen Blickwinkel: jenem der Nonne Katharina von Bora, gespielt von Karoline Schuch, die von den Ideen Martin Luthers (Devid Striesow) fasziniert ist. Sie flieht aus dem Kloster nach Wittenberg, heiratet den Reformator und wird nicht nur Mutter seiner Kinder, sondern ist für ihn auch gleichberechtigte Gesprächspartnerin. Im Gespräch mit den SN erläutert Devid Striesow seine Rolle und diese Konstellation. SN: Herr Striesow, Sie spielen den Reformator Martin Luther, der bekanntlich die Bibel ins Deutsche übersetzt hat. Lesen Sie manchmal in der Bibel? Striesow: Nein, ich lese nicht in der Bibel. Ich hatte wie wohl so ziemlich jeder in der Jugend meine Selbstfindungsphase, und da habe ich auch immer wieder mal in der Bibel gelesen. Aber das ist lang her. SN: Gehören Sie einer Konfession an? Nein. Ich sehe auch nicht die Notwendigkeit, einer bestimmten Religion anzugehören. Aber ich bin ein spiritueller Mensch, das heißt, ich vertraue darauf, dass es neben dem, was wir sehen, riechen, tasten können, noch etwas anderes gibt. SN: Was hat Sie daran gereizt, Luther zu spielen? Die große Zerrissenheit seines Charakters. Beim Spielen von Luther war es mein Ziel, diesen Menschen in seiner wechselhaften Persönlichkeit zu zeigen, wie man ihn sich anhand der Überlieferungen und seiner Lebensumstände vorstellen kann. Sein großes Engagement, seine enorme Energie, seine fast schon selbstzerstörerische Art, sich dem Leben zu nähern und den Themen, die ihn bewegten. Das war für mich eine Herausforderung. SN: Sie wollten den Menschen hinter der historischen Figur zeigen? Genau. Wer sich damit nicht beschäftigt, sieht beim Gedanken an Luther nur das ein oder andere Bild von Lucas Cranach vor sich, der ja viele Luther-Porträts gemalt hat. Auf den Bildern von damals ruhen die Menschen immer so in sich, gucken den Betrachter an, und man denkt, die sind grundsätzlich nur mit würdevollen Schritten die Straße entlanggegangen. Dabei ist Luther doch ein ziemlich zerrissener Mensch gewesen. SN: Der Film spielt etwas später als der berühmte Thesenanschlag im Jahr 1517. Wir steigen mit der Darstellung zu einem Zeitpunkt ein, als seine Thesen schon veröffentlicht waren. Aber Luthers Engagement hat sich bis zu seinem Lebensende hingezogen, und auch seine ständige Auseinandersetzung mit dem Teufel. Der Teufel war damals kein Abziehbild, keine verniedlichte Darstellung von einem kleinen Typ mit Hörnern, sondern das war eine ganz reale Bedrohung, bedeutete für die Menschen eine existenzielle Angst in jeder Situation des Alltags. Diese Zerrissenheit zwischen Himmel und Hölle war eine emotionale Bedrängung für die Menschen damals, und dagegen hat Luther bis ans Lebensende angeschrieben. SN: Welche Quellen haben Sie zur Vorbereitung genutzt? Die verschiedensten, die kann ich gar nicht alle aufzählen. Ich habe Briefe, Handschriften und Bücher gelesen, ich habe die Wartburg besucht, und ich habe mich mit unserem Produzenten Mario Krebs ausgetauscht, der ein hervorragender Geschichtskenner ist. SN: Hatten Sie vor Drehbeginn auch in Erwägung gezogen, den Dialekt aus Luthers Heimatregion zu sprechen? Ja, aber wir haben das dann schnell verworfen. Man sollte möglichst präzise sein in der historischen Darstellung, aber mit Dialekt wirkt es bestenfalls wie Schultheater oder Kunsthandwerk, im schlimmsten Fall wie ein Schwank – und das wollten wir auf gar keinen Fall. Außerdem: Wenn man anfängt, eine Art von Sächsisch zu sprechen, dann begrenzt man die Geschichte auf einen bestimmten Sprachraum, aber der Film soll ja eine Welt aufmachen. Wir wollten die Sache nicht verkleinern, sondern ihr eine bestimmte Größenordnung beimessen. SN: Der Film legt einen starken Fokus auf Luthers Ehefrau Katharina von Bora. Finden Sie es wichtig, dass im Lutherjahr mit diesem Film besonders an sie erinnert wird? Dass man im Lutherjahr versucht, die Reformationsbewegung über seine Partnerin zu erzählen, finde ich sogar besonders spannend. Es ist wichtig, dass man die Bedeutung solcher Frauengestalten betont, die in früheren Zeiten im Hintergrund gewirkt haben. SN: Was würden Sie Luther heute fragen, wenn Sie ihm begegnen würden? Ich würde ihn schon gern einiges über unsere Gesellschaft und unsere Werte fragen – aber bevor er dazu etwas sagen könnte, müsste er ein paar Jahre hier gelebt haben. Also ist das ein Gedankenexperiment, das fast schon märchenhafte Züge hat (lacht). SN: Der Luther-Film ist nach der Verfilmung von Hape Kerkelings Pilgerbuch „Ich bin dann mal weg“für Sie erneut eine Produktion zu einem spirituellen Thema. Ein Zufall? Wie man es nimmt. Beide Filme hatten einen unterschiedlichen Entstehungsweg und es gab verschiedene Punkte, die mich gereizt haben. Aber sowohl bei Luther als auch bei Hape war die Spiritualität etwas, das sie angetrieben hat, und das war durchaus ein Aspekt für mich. Ich bin wie gesagt ein spiritueller Mensch. Ich glaube, das ist doch jeder – oder sollte es zumindest sein.