WM wird für Gruber zum Spießrutenlauf
Der Kombinierer begrüßt in Lahti niemanden per Handschlag. Aus Angst vor einer neuen Infektion läuft er zwischen den Menschen Slalom.
LAHTI. Die Begrüßung bei einem Medientermin im ÖSV-Quartier in Vierumäki, eine halbe Autostunde vom WM-Ort Lahti entfernt, fiel kurz und knapp aus. Und auch bei Interviews mit Fernsehen, Radio und Printmedien nahm Bernhard Gruber einen Respektabstand zu seinem Gegenüber ein. Der Weltmeister will so vermeiden, sein Immunsystem vor dem WM-Start unnötig zu schwächen.
Weil in Lahti allerdings an jeder Ecke ein bekanntes Gesicht, ein Freund, ein Teamkollege, ein Konkurrent oder ein Journalist steht, werden die Titelkämpfe für Gruber zum Spießrutenlauf. Das nimmt der 34-jährige Salzburger aber gern in Kauf, er hatte schon (zu) viele gesundheitliche Probleme in dieser Saison. „Beim Weltcup hier in Lahti Anfang Jänner bin ich noch vor dem ersten Wettkampfsprung krank geworden. Das war eine Katastrophe, weil ich das gesamte Wochenende im Bett gelegen bin und so die WMGeneralprobe verpasst habe“, erzählt Gruber. Kaum wieder gesund, fasste er nach den Plätzen sechs und neun in Chaux-Neuve schon die nächste Infektion aus. „Beim Heimweltcup in Seefeld bin ich dann drei Tage mit Verkühlung gelaufen. Es war auf Messers Schneide, deshalb musste ich mir vor der WM noch einmal Zeit geben. Ich habe auf die Asien-Tour verzichtet, um mich auszukurieren.“
Dass ihm die Pause gutgetan hat, das zeigte Gruber bereits in den Trainings auf der Normalschanze. In der Medaillenentscheidung heute, Freitag, gehört der Großschanzen-Weltmeister von 2015 zum erweiterten Favoritenkreis. „Ich fühle mich momentan sehr wohl. Jetzt gilt es, die Trainingsleistungen auch im Wettkampf rüberzubringen. Ich muss bei mir bleiben, dann hoffe ich, dass ich locker vom Hocker springe“, sagt Gruber.
Zu schlagen gilt es das aktuell so überragende deutsche Kombi-Team um Eric Frenzel und Johannes Rydzek. „Wichtig wird sein, dass wir nach dem Springen vorn mit dabei sind und dann den Anker werfen. Im Langlauf braucht es auf den ers- ten Kilometern Taktik und im Finish Vollgas“, erklärt WM-Debütant Mario Seidl, der nach seinen ersten Weltcup-Podestplätzen (2. und 3. in Pyeongchang) neben Bernhard Gruber als aussichtsreichster ÖSV-Athlet gilt. Die wichtigste Voraussetzung für einen erfolgreichen WM-Auftakt ist jedenfalls gegeben: Gruber ist kerngesund.