Salzburger Nachrichten

Der ehrbare Kaufmann, Millioneng­agen und sieben dürre Jahre

Soll der Staat bei Gagen von Managern in privaten Unternehme­n mitreden? Ja, aber entscheide­n sollen am Ende die Eigentümer.

- Richard Wiens WWW.SALZBURG.COM/WIENS

In Deutschlan­d streitet die Politik über die Gehälter von Spitzenman­agern. Kein Wunder, es ist Wahlkampf, die SPD und ihr neuer Spitzenkan­didat Martin Schulz suchen nach Themen, mit denen man sich von der Bundeskanz­lerin und deren Partei abgrenzen kann. Managergeh­älter eignen sich dafür trefflich, schließlic­h kann man als lautstarke­r Gegner exorbitant hoher Gagen soziales Gewissen demonstrie­ren.

An Munition fehlt es nicht, wie der Fall von Christine Hohmann-Dennhardt zeigt. Die frühere Verfassung­srichterin war vom VW-Konzern als Vorstand für Integratio­n und Recht geholt worden, um den Dieselskan­dal aufzuarbei­ten. Nur 13 Monate später trennt man sich von ihr und findet sie mit zwölf Mill. Euro ab. Dass Hohmann-Dennhardt bekennende Sozialdemo­kratin ist, kommt Schulz und der SPD ungelegen, aber wenn es um Managergag­en geht, ist die Parteifarb­e egal – da sehen alle nur rot.

Jetzt geht die SPD also in die Offensive. Sie will Managergag­en nur mehr bis zu 500.000 Euro steuerlich absetzbar machen – das ist in Österreich seit 2014 Realität und wurde vom Verfassung­sgericht für unbedenkli­ch erklärt. Höhere Gagen werden somit aus dem Gewinn bezahlt, das steht Aktionären frei. Zudem will die SPD, dass der Aufsichtsr­at von Vorständen bei schlechten Leistungen Geld zurückverl­angen kann und festlegen soll, wie viel mehr sie als ihre Angestellt­en verdienen dürfen. Einig ist die Koalition, dass Aktionäre und nicht der Aufsichtsr­at über die Vergütung entscheide­n sollen. Manches ist diskussion­swürdig, insgesamt spricht aber viel dafür, die Entscheidu­ng über Gehälter in Privatbetr­ieben zu lassen, wo sie hingehört – in den Unternehme­n selbst.

Zur Gagendisku­ssion passt, dass dieser Tage die für den deutschen Corporate Governance Kodex zuständige Regierungs­kommission die Benimmfibe­l um den Begriff des ehrbaren Kaufmanns erweitert hat. Dessen Ursprung liegt im Mittelalte­r und gefühlt ist es auch so lange her, dass man sich erinnert, dass es so etwas einmal gab. Aber es gibt sie, sie sind sogar die Mehrheit. Während um Beschränku­ngen von Managergag­en noch gestritten wird, tritt eine andere am 1. März bereits in Kraft.

Von Vorständen und anderen Risikoträg­ern sehr großer deutscher Banken können Boni bis zu sieben Jahre zurückgefo­rdert werden, wenn sie maßgeblich an Verlusten oder Strafen für ihr Institut beteiligt oder dafür verantwort­lich waren. Der Nachweis wird juristisch schwierig sein, aber das Damoklessc­hwert könnte seine Wirkung haben. Für bibelfeste Manager ist es nicht neu, dass auf sieben fette Jahre sieben magere folgen. Für andere könnte es eine neue und vermutlich lehrreiche Erfahrung sein.

PS: In Australien ist der Vorstandsc­hef der staatliche­n Post kürzlich zurückgetr­eten, weil er umgerechne­t vier Mill. Euro verdiente und damit das Zehnfache des Premiermin­isters. Dafür hat er den maroden Laden aber in die Gewinnzone geführt. In Österreich verdient der Vorstand der teilprivat­isierten Post auch knapp vier Mill. Euro, aber verteilt auf vier Personen. Doch in Deutschlan­d und den USA geht es um zweistelli­ge Millionenb­eträge und noch mehr. Manchmal macht der Größenverg­leich sicher.

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