Der ehrbare Kaufmann, Millionengagen und sieben dürre Jahre
Soll der Staat bei Gagen von Managern in privaten Unternehmen mitreden? Ja, aber entscheiden sollen am Ende die Eigentümer.
In Deutschland streitet die Politik über die Gehälter von Spitzenmanagern. Kein Wunder, es ist Wahlkampf, die SPD und ihr neuer Spitzenkandidat Martin Schulz suchen nach Themen, mit denen man sich von der Bundeskanzlerin und deren Partei abgrenzen kann. Managergehälter eignen sich dafür trefflich, schließlich kann man als lautstarker Gegner exorbitant hoher Gagen soziales Gewissen demonstrieren.
An Munition fehlt es nicht, wie der Fall von Christine Hohmann-Dennhardt zeigt. Die frühere Verfassungsrichterin war vom VW-Konzern als Vorstand für Integration und Recht geholt worden, um den Dieselskandal aufzuarbeiten. Nur 13 Monate später trennt man sich von ihr und findet sie mit zwölf Mill. Euro ab. Dass Hohmann-Dennhardt bekennende Sozialdemokratin ist, kommt Schulz und der SPD ungelegen, aber wenn es um Managergagen geht, ist die Parteifarbe egal – da sehen alle nur rot.
Jetzt geht die SPD also in die Offensive. Sie will Managergagen nur mehr bis zu 500.000 Euro steuerlich absetzbar machen – das ist in Österreich seit 2014 Realität und wurde vom Verfassungsgericht für unbedenklich erklärt. Höhere Gagen werden somit aus dem Gewinn bezahlt, das steht Aktionären frei. Zudem will die SPD, dass der Aufsichtsrat von Vorständen bei schlechten Leistungen Geld zurückverlangen kann und festlegen soll, wie viel mehr sie als ihre Angestellten verdienen dürfen. Einig ist die Koalition, dass Aktionäre und nicht der Aufsichtsrat über die Vergütung entscheiden sollen. Manches ist diskussionswürdig, insgesamt spricht aber viel dafür, die Entscheidung über Gehälter in Privatbetrieben zu lassen, wo sie hingehört – in den Unternehmen selbst.
Zur Gagendiskussion passt, dass dieser Tage die für den deutschen Corporate Governance Kodex zuständige Regierungskommission die Benimmfibel um den Begriff des ehrbaren Kaufmanns erweitert hat. Dessen Ursprung liegt im Mittelalter und gefühlt ist es auch so lange her, dass man sich erinnert, dass es so etwas einmal gab. Aber es gibt sie, sie sind sogar die Mehrheit. Während um Beschränkungen von Managergagen noch gestritten wird, tritt eine andere am 1. März bereits in Kraft.
Von Vorständen und anderen Risikoträgern sehr großer deutscher Banken können Boni bis zu sieben Jahre zurückgefordert werden, wenn sie maßgeblich an Verlusten oder Strafen für ihr Institut beteiligt oder dafür verantwortlich waren. Der Nachweis wird juristisch schwierig sein, aber das Damoklesschwert könnte seine Wirkung haben. Für bibelfeste Manager ist es nicht neu, dass auf sieben fette Jahre sieben magere folgen. Für andere könnte es eine neue und vermutlich lehrreiche Erfahrung sein.
PS: In Australien ist der Vorstandschef der staatlichen Post kürzlich zurückgetreten, weil er umgerechnet vier Mill. Euro verdiente und damit das Zehnfache des Premierministers. Dafür hat er den maroden Laden aber in die Gewinnzone geführt. In Österreich verdient der Vorstand der teilprivatisierten Post auch knapp vier Mill. Euro, aber verteilt auf vier Personen. Doch in Deutschland und den USA geht es um zweistellige Millionenbeträge und noch mehr. Manchmal macht der Größenvergleich sicher.