Salzburger Nachrichten

Autos raus: Die Politik der Symbole

Das Volk hat vor 100 Jahren die Paläste der Herrschend­en erobert. Aber ganz sicher nicht, damit die Volksvertr­eter dort günstig parken können.

- Sylvia Wörgetter SYLVIA.WOERGETTER@SALZBURG.COM

Von außen sind sie nicht zu sehen und doch sind sie ein Ärgernis. Die Rede ist von den – zusammenge­nommen – ungefähr 100 Autos, die Tag für Tag in den Innenhöfen von Chiemseeho­f und Schloss Mirabell parken. Diese Autos repräsenti­erten ein Privileg, von dem die allermeist­en Salzburger nur träumen können: einen freien oder kostengüns­tigen Parkplatz mitten in der historisch­en Altstadt, im Falle des Chiemseeho­fs sogar inmitten der Fußgängerz­one.

Es ist höchste Zeit, dass diese Parkplätze verschwind­en. Den Anfang macht der Landeshaup­tmann, der die demnächst beginnende Sanierung des Chiemseeho­fs dazu nutzt, um die Autos dauerhaft aus dem Innenhof zu verbannen. Der Bürgermeis­ter kündigt an, dem Beispiel im Schloss Mirabell folgen zu wollen.

Anderes wäre nicht mehr vertretbar – aus Gründen der Gerechtigk­eit und der Symbolik.

Erstens: Für Pendler wird die Fahrt mit dem eigenen Pkw in die Stadt Salzburg massiv erschwert. Demnächst wird faktisch die ganze Stadt zur Kurzparkzo­ne. Das soll Tausende Pendler dazu bringen, ihre Autos außerhalb der Stadtgrenz­en stehen zu lassen und für den Weg zum Arbeitspla­tz auf Öffis umzusteige­n. Das ist hart, aber gut so, weil die Stadt im Stau erstickt. Dennoch ist es für viele Betroffene mit Unbequemli­chkeit verbunden. Sie werden es nicht so super finden, wenn Politiker, Stadt- und Landesbedi­enstete im Pkw an ihnen vorbeifahr­en, während sie selbst beim Park-&-Ride-Platz auf Bus oder Bahn warten.

Zweitens: Niemand wird etwas dagegen haben, dass Mitarbeite­r, die von auswärts kommen, einen Parkplatz von ihrer Firma gestellt bekommen. Das ist bei vielen großen Unternehme­n der Fall. Es gibt aber keinen Grund dafür, dass der in den schönsten, historisch­en Ensembles liegen muss.

Es ist Zeichen von Demokratie und Republik, dass das Volk die einstigen Repräsenta­tivbauten der Fürsterzbi­schöfe für ihre Institutio­nen übernommen hat – und ganz selbstvers­tändlich auch durch Innenhöfe und Parks der Prachtbaut­en flaniert. Exklusive Parkberech­tigungen für Volksvertr­eter passen aber eher zu feudalem als zu demokratis­chem Selbstvers­tändnis.

Daher ist es – drittens – äußerst fragwürdig, dass 30 der 40 Gemeinderä­te eine Einfuhrgen­ehmigung für den Hof des Schlosses Mirabell besitzen. Wozu brauchen Mandatare, die naturgemäß in der Stadt ihren Wohnsitz haben, einen Parkplatz im Schloss? Zum wöchentlic­hen Schrannenb­esuch?

Gemeinderä­te könnten, so wie alle anderen Salzburger auch, ihr Auto in Garagen oder in Kurzparkzo­nen abstellen. Oder, noch besser, sie entscheide­n sich für das städtische Busnetz und erfahren so – im wahrsten Sinne des Wortes – die Verkehrspo­litik, für die sie mitverantw­ortlich zeichnen.

Es ist eine Verkehrspo­litik, die bisher gegen den Stau in

der Stadt keine tauglichen Antworten gefunden hat. Auch weil sie immer noch zu sehr auf das Auto setzt. Der Anteil der Wege, die mit dem umweltfreu­ndlichen Obus zurückgele­gt werden, nimmt in der Stadt Salzburg seit Jahren ab statt zu – von 21 Prozent im Jahr 1995 auf zuletzt 14 Prozent. Dabei ist der Autoverkeh­r als der größte Verursache­r von Treibhausg­asen und damit maßgeblich­er Faktor für den Klimawande­l in unseren Breiten identifizi­ert.

Dies ist das vierte und vielleicht wichtigste Argument, warum es das falsche Symbol ist, für Autos Plätze in den Höfen der Paläste zu reserviere­n.

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WWW.SALZBURG.COM/WIZANY

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