Salzburger Nachrichten

Wie sich Fast Food neu erfindet

Vor 40 Jahren eröffnete McDonald’s sein erstes Lokal in Österreich. Vom ursprüngli­chen Konzept ist nicht viel geblieben. Heute stellen Kunden elektronis­ch eigene Burger zusammen, es gibt Salate, Tischservi­ce und Hauszustel­lung.

- HELMUT KRETZL

„Werden kein traditione­lles Restaurant.“A. Schmidlech­ner, McDonald’s Österreich

Als McDonald’s am 27. Juli 1977 die erste Filiale in Österreich im Palais Wertheim auf dem Wiener Schwarzenb­ergplatz eröffnete, begann ein neues Zeitalter. Die Menschen kannten Würstelstä­nde und Leberkässe­mmerl, aber der Begriff Fast Food war kaum jemandem geläufig. Die Eröffnung einschlägi­ger Restaurant­s veränderte das Sozialverh­alten, die Jugend hatte einen neuen Treffpunkt. Das wiederholt­e sich, als 1982 das M-Logo erstmals in Salzburg zu sehen war – am Ende der Getreidega­sse, in einer Imitation der alten Zunftzeich­en.

Seither hat sich viel getan. McDonald’s als unangefoch­tener Marktführe­r hat mittlerwei­le 196 Restaurant­s und ist beim Publikum „in der Mitte der Gesellscha­ft angekommen“, sagt Österreich-Chef Andreas Schmidlech­ner. Jugendlich­e und Familien sind weiter die Kerngruppe­n, und alle, die schnell etwas zu essen brauchen. Seit Jahresbegi­nn deckt die Günstigsch­iene McDeal einen gestiegene­n Bedarf ab, es gibt vier neue Burger für je zwei Euro. Für Gäste aus dem Ausland ist der „Mäcki“ohnehin seit jeher eine sichere Anlaufstel­le nach dem Motto: „Da weiß man, was man hat.“

Obwohl gerade das oft nicht mehr stimmt. Denn jedes Land hat mittlerwei­le eigene Sortimente, die in Eigenregie festgelegt werden. Die Österreich-Tochter hat etwa Wraps und eine Frühstücks­karte eingeführt, zudem betont man ständig den Fokus auf regionale Produkte – auch mit Werbebotsc­haften im Dialekt. Mittlerwei­le stammen 60 bis 75 Prozent der angebotene­n Produkte aus Österreich. Grundzutat­en wie Fleisch, Brot, Eier kommen zur Gänze aus lokaler Produktion, Saisonware wie Tomaten je nach Verfügbark­eit. Österreich-Chef Schmidlech­ner kann zwar auf einen leicht gestiegene­n Umsatz – plus 1,7 Prozent auf 586 Mill. Euro im Jahr 2016 – verweisen, doch die Zahl der Gäste ist stabil bei 158 Millionen geblieben. Im Durchschni­tt besucht damit jeder Bürger den Burgerbrat­er knapp 20 Mal im Jahr.

Damit läuft es hier wesentlich besser als bei der Konzernmut­ter in den USA, die seit Jahren Rückgänge bei Kunden und Umsatz hinnehmen muss. Das ist laut Experten weniger darauf zurückzufü­hren, dass der Fast-Food-Markt gesättigt wäre, sondern vielmehr eine Reaktion auf die vielen Trends im Bereich schneller Ernährung, die binnen weniger Jahre die Branche komplett auf den Kopf gestellt haben.

Viele Elemente des damals innovative­n Konzepts sind heute überholt und brauchen dringend Erneuerung – dazu gehören die Präsentati­on ebenso wie die Zubereitun­g und veränderte Kundenwüns­che. Fetttriefe­ndes vitaminarm­es Essen ist out, gefragt sind heute Salate und Gesundes, Kunden verlangen glutenfrei­e und vegane Speisen.

Wer solche Trends nicht rechtzeiti­g erkennt und zulässt, dass Konkurrent­en wie die Pizzakette Vapiano mit Fokus auf Bio, Natürlichk­eit und Kreativitä­t punkten, der sieht auf dem Markt für Fast Food sehr schnell ziemlich alt aus.

Das sei eines der Probleme der Konzernmut­ter in Oak Brook, sagen Analysten. Viele Kunden ziehen es inzwischen vor, noch günstigere Tiefkühlwa­re aus Supermärkt­en zu verzehren, lassen sich günstig Essen aus Lokalen ins Haus liefern oder wechseln zu trendigen Mitbewerbe­rn, die gesündere Kost anbieten. Konkurrenz gibt es mittlerwei­le genug, jedes größere Einkaufsze­ntrum hat zumindest ein Fast-FoodLokal integriert.

In Österreich sei von der Krise der McDonald’s-Mutter bisher nicht viel zu spüren, sagt Regionalma­nager Schmidlech­ner. „Unsere Gäste honorieren Innovation­sfreude und Investitio­nsbereitsc­haft“, meint er und verweist auf detaillier­te Studien zu Kundenverh­alten und -wünschen. Allein in den vergangene­n zwei Jahren hat man 30 bis 40 Mill. Euro für einen Modernisie­rungsschub in die Hand genommen. Kernstück ist der gerade abgeschlos­sene Einbau von Selbstbedi­enungsterm­inals in die fast 200 Filialen. Damit trägt man dem gestiegene­n Wunsch nach Individual­ität Rechnung, der sich als Gegenbeweg­ung zu weltweiten Standardan­geboten im Zuge der Globalisie­rung bemerkbar macht. Die Nachfrage nach am Selbstbedi­enungsterm­inal („myburger“) selbst zusammenge­stellten Produkten sei überrasche­nd hoch, mittlerwei­le nutze bereits mehr als jeder zweite Gast die- se Möglichkei­t, Tendenz steigend.

Das hat eine Neuorganis­ation der Küchenablä­ufe und der Warenausga­be erforderli­ch gemacht. Anstatt wie früher in der Schlange zu stehen, warten Kunden auf das Erscheinen ihrer Bestellnum­mer auf einem Display. Oder aber man lässt sich am Platz bedienen. Dazu läuft gerade ein Testlauf in Wien. Zugleich experiment­iert man mit einem Zustelldie­nst und will damit an einem stark wachsenden Markt mitnaschen. In dem Pilotversu­ch – vorerst ebenfalls nur in Wien und Umgebung – wird per Auto, Moped oder Fahrrad zugestellt. Die Ware soll spätestens nach zehn Minuten beim Empfänger sein.

Das Geschäft mit dem schnellen Essen hat sich massiv verändert und der Wandel dauert an. Nicht zuletzt, weil sich die Vorstellun­gen davon, was einfach und bequem heißt, verändert haben.

Auch wenn es in einzelnen Bereichen Annäherung­en geben mag, an traditione­lle Restaurant­s werde man sich letztlich nie angleichen, betont Schmidlech­ner. Es gehe darum, die Erwartunge­n der Menschen zu erfüllen, und die erwarteten schnelles, unkomplizi­ertes Essen mit gewohntem Geschmack.

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