In der Spur
Sehen und gesehen werden – diese Devise gilt noch immer für viele Gäste in Seefeld. Die Alternative: Einfach nur ganz wunderbar langlaufen.
Eigenwillig ist es schon, wenn der Fußweg vom Hotel zum Loipeneinstieg mitten durch Seefelds Flaniermeile, die „Tiroler Fifth Avenue“führt, vorbei an Damen in Pelzmänteln, mit tennisballgroßen Goldohrringen und kläffenden Schoßhündchen im Arm.
Doch wenn nach dem Bad in der Menge erst das Seekirchl ins Blickfeld rückt, erhöht sich die Herzfrequenz des passionierten Langläufers: Hier eröffnet sich die beeindruckende Loipenstartzone, so groß, dass locker zehn Langläufer nebeneinander Platz haben. Die planierte Ebene ist außerdem wunderbar für Anfänger geeignet, die so ihre ersten, unbeholfenen Gehversuche auf den schmalen Brettern vor einer zauberhaften Kulisse absolvieren können.
Anfänger gibt es reichlich in Seefeld, denn Langlauf wird seit Jahren immer beliebter. Vorbei die Zeiten, in denen selbst Hobbysportler mit bunten Rennanzügen, eng wie Wursthäute, schwitzend und keuchend durch finstere Wälder zogen.
„Dieses Bild war für mich als Kind typisch für den Langlaufsport“, erzählt Elias Walser, 33-jähriger Tourismusdirektor von Seefeld. „Und es war wirklich abschreckend.“Er lacht. Inzwischen habe sich das einst vor allem für junge Leute unattraktive Rundherum drastisch verändert: „Ausrüstung und Outfit sind längst so cool wie beim Skifahren oder Snowboarden.“
Wie der Imagewandel passiert ist, darüber wird viel spekuliert. Die neuen Übertragungstechniken des Fernsehens, sowohl im Langlauf als auch im Biathlon, dürften einen Raketenschub in Sachen Popularität ausgelöst haben. Tipp am Rande: Im Rahmen der nordischen Weltmeisterschaften in Finnland wird heute der Skiathlon übertragen. Die Athleten laufen einen Teil der Strecke im klassischen Stil, wechseln dann die Ski und skaten bis zum Ziel.
Skaten, so nennt sich der Schlittschuhschritt im Langlauf, wurde 1988 als olympische Disziplin anerkannt und gab dem Sport zusätzlichen Aufwind. „In dieser Skatingtechnik“, so schätzt Elias Walser ein, „laufen mittlerweile über 40 Prozent der Gäste.“
Vom Seekirchl aus lässt sich nach etwa einem Kilometer eine Ebene erreichen, in der Bahnen gezogen sind, die an ein Leichtathletikstadion erinnern. Das erfreut die fortgeschrittenen Anfänger. Daneben zeigen die Berghänge rechts und links kräftige Anstiege, auf denen gut trainierte Läufer problemlos ihre maximale Pulsfrequenz austesten können. Die Mühen lohnen sich auch für jene, die die Einsamkeit schätzen. Schon nach wenigen Höhenmetern gehört dem Läufer die Loipe scheinbar allein, und während unten in der Ebene rund um die Gasthäuser Helene Fischer aus den Lautsprechern zwitschert, krächzt oben nur der Kolkrabe im Baumwipfel.
Wem es gefällt, der kann auch nach dem Sport im Ortszentrum wieder jederzeit in das Sehen-undgesehen-werden-Spiel einsteigen. Wem das weniger liegt, für den hat die Olympiaregion Seefeld ein besonderes Zuckerl: Leutasch, ihr naturbelassenstes Eck.