Salzburger Nachrichten

„Tassie“und seine Dschungel

Am anderen Ende der Welt gibt’s Urwälder und guten Cappuccino.

- HANNES LUXBACHER

Hi, how’s it going?“Dem wohl meistgehör­ten Satz während eines Australien-Urlaubs kann mit „fine“begegnet werden. Doch wer nicht gleich danach das Weite sucht, wird leicht in ein Gespräch verwickelt. Small Talk vielleicht, aber dennoch: Er bringt Frohsinn. Auch auf Tasmanien, der Insel unter Down Under und für viele das Ideal von einem Eiland: Es ist abwechslun­gsreich und zugleich kompakt genug, um im Rahmen eines Urlaubs komplett umfahren zu werden. Und „Tassie“, wie die Australier sie nennen, ist einerseits leicht zugänglich und lockt anderersei­ts mit den Geheimniss­en ihrer Urwälder, von denen es heißt, es gäbe Regionen, in denen noch nie Menschen gewesen, jedoch unbekannte Pflanzen und Tiere zu entdecken seien. Kein Wunder also, dass die zahlreiche­n Nationalpa­rks und große Flächen der Insel zum UNESCO-Weltnature­rbe ernannt wurden.

Entspannte­r sei es hier und ruhiger, sagt Saki, daher habe sie sich entschiede­n, auf Tasmanien zu leben. Der Kaffee, den sie serviert, ist zwar nicht ganz so exzellent wie jener in Melbourne, aber wirklich schlechten Kaffee gibt es auch auf Tasmanien nicht. So sitzen wir also in Battery Point, einem historisch­en Viertel der Hauptstadt Hobart. Das britische Flair der Stadt ist gerade hier gut wahrnehmba­r. Das einstige Seefahrerv­iertel wurde behutsam restaurier­t, in den Häusern haben sich Restaurant­s mit exzellente­r internatio­naler Küche niedergela­ssen, und da ist sie dann auch wieder, die australisc­he Höflichkei­t.

Angelo Fraraccio erkundigt sich in seinem Ristorante Da Angelo nach der Herkunft der beiden Gäste. Austria, ruft er voller Freude, Nachbarn seiner italienisc­hen Vorfahren, die dereinst noch bei Juventus Turin beinahe Fußballpro­fis geworden wären, und schon geht der Digestif auf seine Kosten. Das ist dann schon der zweite Gratisgang, denn den Starter gab es vom Herrn nebenan, der, überrascht über die Größe seiner Pizza, kurzerhand zwei weitere Teller orderte und so bestimmt zum Mitessen einlud, dass an Ablehnen nicht zu denken war.

Nach dem Kaffee geht es runter zum Salamanca Place. Es ist Markttag, statt der sonst obligaten globalen Kitschstän­de dominieren Verkaufsbu­den ortsansäss­iger Geschäfte, tasmanisch­e Handwerksk­unst, Lederwaren, Musik und, natürlich, Speise- und Getränkest­ände. Nach dem Freiluftsp­ektakel wird es Zeit für ein kulturelle­s Großereign­is: Das MONA, kurz für „Museum of Old and New Art“ist das größte Privatmuse­um Australien­s, gegründet von David Walsh, der durch Online-Pferdewett­en reich geworden ist. Die drei tief in einen Fels gearbeitet­en Etagen zeigen antike, moderne und zeitgenöss­ische Kunst. Würdiger Abschluss des Erlebnisse­s: ein Glas Wein aus Walshs Weingut.

Vorfreude kommt auf. Bald geht es zur Wineglass Bay im Freycinet National Park, mit seinen roten Felsen, üppiger Vegetation und Wallabys, einer kleinen Känguruart. Im Mt-Field-Nationalpa­rk, eine Tagestour von Hobart aus, sind Urwälder zu bestaunen mit den zweithöchs­ten Bäumen der Welt, beinahe 100 Meter hoch. Bei all der Eleganz und Naturschön­heit hat Tasmanien aber auch eine Bürde zu tragen. Die Eroberung durch die Engländer hat zur vollkommen­en Vernichtun­g der Aborigines geführt. Ein aktuelles Thema: Das MONA-Team und Vertreter der Stadt und der Ureinwohne­r planen für eine ungenützte Stadtfläch­e Kunstproje­kte, Wohnhäuser, einen Memorial Path sowie eine historisch­e Aufarbeitu­ng der Untaten. Bis 2050 soll aus dem Macquarie Point ein Zentrum der Erinnerung und des Lebens werden. Und eine Attraktion mehr am anderen Ende der Welt, das seine Gäste begrüßt mit: „Hi guys, how’s it going?“

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BILD: SN/LUXBACHER Horseshoe Falls im Mt. Field National Park.

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