NEUE WOHNUNGEN NUR BEI DEN ANDEREN
Zwischen dem politischen Willen zum Wohnbau und der praktischen Umsetzung in den Gemeinden klafft eine Lücke, analysiert Andreas Kreutzer von Kreutzer, Fischer & Partner. Das gilt vor allem für Niederösterreich und den Bereich um die Bundeshauptstadt Wien. Die Lücke ist demnach speziell im Wiener Umland besonders groß. In den letzten Jahren stiegen dort die Mieten und Häuserpreise überdurchschnittlich rasch, nicht zuletzt, weil vielerorts einfach zu wenig neu gebaut wurde. Gleichzeitig warten mittlerweile bei diversen Bauträgern Projekte mit insgesamt mehr als 16.700 Wohneinheiten im großvolumigen Wohnbau auf Realisierung. „Gut die Hälfte davon hat aus heutiger Sicht aber keinerlei Chance auf Umsetzung, da die zuständigen Gemeinden dezidiert keine Baubewilligung erteilen möchten“, weiß Kreutzer. Zumeist scheitere es bereits an den notwendigen Flächenumwidmungen. „Hierbei zeigen sich die Bürgermeister besonders geizig. Obgleich in den attraktiven Lagen im suburbanen Umland städtischer Agglomerate das tatsächlich vorhandene und auch wirtschaftlich sinnvoll bebaubare Bauland immer knapp ist“, erklärt Kreutzer. In vielen Gemeinden rund um Wien steht man der Schaffung neuen Wohnraums skeptisch gegenüber. Denn für die Kommunen geht ein Bevölkerungswachstum in der Regel mit dem Ausbau der Infrastruktur einher. Ein Zuzug junger Familien verlangt etwa mehr Kapazitäten in Kindergärten und Volksschulen. Und dafür fehlen vielerorts die finanziellen Mittel. Darüber hinaus fürchtet man oft eine Verschlechterung der Verkehrslage. Kreutzer: „Ehrlicherweise wird im Subtext ab und zu auch mit der Gefahr eines Preisverfalls bei bestehenden Immobilien argumentiert, der sich bei den nächsten Wahlen ungünstig auf die derzeitigen Mehrheitsverhältnisse auswirken könnte.“Blockiert wird laut dem Experten speziell gegenüber Bauträgern. So gibt es etwa im westlich von Wien gelegenen Breitenfurt mitten im Ort ein unbebautes Grundstück von rund 100.000 Quadratmetern, das seit Jahrzehnten als Bauerwartungsland gewidmet ist. Der Eigentümer möchte seit Jahren die Liegenschaft mit Wohnungen und Infrastruktureinrichtungen erschließen, eine Baubewilligung wurde aber bis heute nicht erteilt. Ähnlich sei die Situation für Bauträger in Brunn am Gebirge. Doch Flächenumwidmungen für Wohnbau werden kategorisch ausgeschlossen. Bereits gewidmete Flächen gibt es kaum noch. „Ändern die betreffenden Gemeinden ihre Wohnbaupolitik nicht, ist zu befürchten, dass dadurch auch die Pläne der Bundesregierung unterlaufen werden, die vorsehen, dass künftig bei Flächenumwidmungen von Grundstücken der öffentlichen Hand ein Viertel davon als Vorbehaltsflächen für den geförderten Wohnbau reserviert werden muss“, so Kreutzer.