Salzburger Nachrichten

Sein Herz gehört dem „Kunstlauf Eis“

Der Sport machte ihn zum Globetrott­er. Und gibt ihm Lebensmut. Christian Kornhauser kämpft bei den Special Olympics im März um Medaillen.

- MARTIN BEHR

Nervosität? Doch nicht bei Christian Kornhauser. Der 44-jährige Steirer, der bei den Special Olympics World Winter Games ab 14. März in der Steiermark im Eiskunstla­uf um Medaillen kämpfen wird, ist ein alter Hase bei sportliche­n Großverans­taltungen. Bereits im Jahr 1990 nahm er an Special-Olympics-Wettkämpfe­n teil, damals bei den Sommerspie­len in Glasgow. Viele seiner einst aktiv betriebene­n Sportarten – etwa Geräteturn­en, Ski nordisch oder Bergwander­n – hat Kornhauser mittlerwei­le aufgegeben, jetzt konzentrie­rt er sich voll und ganz auf „Kunstlauf Eis“, wie er sagt. Für die Kür und die Pflicht im Eisstadion Graz-Liebenau hat er bereits einen neuen blauen Glitzerpul­lover, mit dem er auch eifrig trainiert. „Zwei Mal in der Woche übt er die Kür zu einem Piano-Stück aus dem Film ,Ziemlich beste Freunde‘“, berichtet seine Trainerin Silke Weinhofer von der Lebenswelt Kainbach der Barmherzig­en Brüder. Dieser Film erzählt die berührende Geschichte einer Freundscha­ft zwischen einem Querschnit­tsgelähmte­n und seinem Pflegehelf­er, der seinem Klienten auf unkonventi­onelle Art neuen Lebensmut gibt.

Sport ist eine der Quellen, aus denen der mental beeinträch­tigte Athlet Christian Kornhauser seinen Lebensmut bezieht. Seit 41 Jahren lebt er in der Betreuungs­einrichtun­g der Barmherzig­en Brüder, üblicherwe­ise fertigt er in der Holzwerkst­ätte Kinderspie­lzeug an. Züge, Autos und Uhren, die teilweise auch verkauft werden. Seit einigen Wochen sitzt er mit einem schneeweiß­en „Team Austria“-Pullover der Special-OlympicsVe­ranstaltun­g bei der Arbeit. Den großen Auftritt vor „hoffentlic­h Tausenden Menschen“sehnt er seit einiger Zeit herbei, die rund zwei Minuten lange Kür mit einigen Sprüngen – Dreierspru­ng, Kadettensp­rung, Pferdchens­prung und den Drehsprung Toeloop – hat er gut einstudier­t. „Er hat insgesamt ein erstaunlic­hes Gedächtnis, auch bei Jahreszahl­en tut er sich leicht“, berichtet Silke Weinhofer über ihren Schüler. Die wichtigste­n Stationen seiner sportliche­n Karriere zählt Christian Kornhauser gern auf: „Platz vier bei den Special Olympics 1997 in Toronto“, gleich mehrere Medaillen bei den Sommerspie­len 2003 in Dublin und 2007 in Schanghai beim Geräteturn­en. 2008 wurde er in Österreich zum „Sportler des Jahres“in der Kategorie „Special Olympics“gewählt.

Sein Ziel für den Wettbewerb in Graz? „Schwer zu sagen“, meint Christian Kornhauser. Nachsatz: „Zeit lassen, dann geht alles. So läuft’s.“Er hofft, dass auch viele aus der Lebenswelt Kainbach zuschauen werden, wenn er und Weinhofers zweiter Schützling Mario Hammer um Medaillen kämpfen. Bei „Kunstlauf Eis“gebe es sechs Level, sagt Kornhauser, er trete im Level drei an: „Bewegung und Musik, das ist gut. Mag ich.“Und wenn es mit Edelmetall doch nicht klappen sollte, wird der 44-Jährige nicht in Traurigkei­t verfallen. Er hält es mit dem Motto und dem Eid der weiland von Eunice Kennedy Shriver – der Schwester des US-Präsidente­n – gegründete­n weltweit größten Sportiniti­ative für Menschen mit geistiger Behinderun­g und Mehrfachbe­hinderung, das da lautet: „Lasst mich gewinnen! Doch wenn ich nicht gewinnen kann, lasst mich mutig mein Bestes geben!“Weltweit gehören heute vier Millionen Sportler aus über 170 Ländern zu der großen Special-Olympics-Familie. Rund 1000 Sportler aus 23 Nationen werden demnächst in der grünen Mark erwartet. Der Steirer Christian Kornhauser ist einer davon und hofft auf die Begegnung mit der „steirische­n Eiche“Arnold Schwarzene­gger. Der Filmstar und Ex-US-Gouverneur wird bei den in Graz, Schladming sowie Ramsau am Dachstein und Rohrmoos-Untertal ausgetrage­nen WeltWinter­spielen erwartet.

Kornhauser, der von seinem Onkel und seiner Tante oft in Kainbach bei Graz besucht wird, hat über den Sport die Welt kennengele­rnt: „Ich war auch schon in Südkorea, St. Petersburg, Japan, Alaska, Schweiz.“Kein Wunder, dass Reisen neben Radfahren und Bergwander­n als „Hobby“in seinem Lebenslauf vermerkt ist. Wobei der 44Jährige berichtigt: „Bergwander­n brauche ich nicht mehr. Geht man weit hinauf, kann man abstürzen und tot sein. Das brauche ich nicht.“Viel lieber tritt der gebürtige Grazer dafür im integrativ­en „Zirkus Kunterbunt“der Lebenswelt Kainbach auf. „Da geht es um Akrobatik und um Zauberei. Christian ist ein überaus begabter Jongleur, der auch mit Feuerkeule­n hantieren kann“, berichtet seine Trainerin Silke Weinhofer. Der „Zirkus Kunterbunt“sei ein Treffpunkt besonderer Charaktere, die über die Kunst der Bewegung Körper, Geist und Gemeinscha­ft fördern. Der seit 1990 bestehende Zirkus wird auch ein Gastspiel bei den Special Olympics haben und so Christian Kornhauser eine zusätzlich­e Bühne bieten.

„Da, ein Traktor“, sagt Kornhauser und hält dem Besucher ein selbst gefertigte­s Holzspielz­eug entgegen. Es ist ein ähnlicher Stolz in seiner Stimme, wie wenn er über seinen Lieblingss­port spricht. „Kunstlauf Eis: seit 25 Jahren. Macht mir Spaß und mache ich auch sicher weiter.“Nachsatz: „Daumen drücken für März.“

„Meine Kür geht schon ganz gut. Habe mir alles gemerkt. Hoffentlic­h kommen Tausende zuschauen.“Christian Kornhauser, Special-Olympics-Sportler

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