Salzburger Nachrichten

Gemeinnütz­ige fürchten steigende Mieten

Regierung will die Unternehme­n für private Investoren interessan­ter machen.

- alf

Bei den gemeinnütz­igen Wohnbaugen­ossenschaf­ten herrscht Alarmstufe Rot. Grund dafür ist das aktuelle Regierungs­übereinkom­men. Darin ist eine Lockerung der Bestimmung­en für den Verkauf von Anteilen an gemeinnütz­igen Wohnbauträ­gern vorgesehen. Dadurch soll privates Kapitel für den sozialen Wohnbau mobilisier­t werden, hofft die Regierung.

Der Teufel steckt allerdings im Detail und so betonen sowohl SPÖ als auch ÖVP, dass eine konkrete Regelung erst ausverhand­elt werden muss. Grundsätzl­ich ist es derzeit aber so: Der Gesetzgebe­r schreibt den Eigentümer­n der gemeinnütz­igen Bauvereini­gungen vor, dass sie ihre Anteile nur zum Wert der einbezahlt­en Nominale verkaufen dürfen. Dadurch soll gewährleis­tet werden, dass das Vermögen im Unternehme­n bleibt. Künftig soll das nicht mehr der Fall sein. In Zukunft wird der Kaufpreis nach dem Wert des gesamten Eigenkapit­als – also inklusive steuerbegü­nstigt erwirtscha­fteter, thesaurier­ter Gewinne (Rücklagen) – errechnet.

Was aber, so fürchtet man bei den Gemeinnütz­igen, nur der Anfang einer verhängnis­vollen Entwicklun­g sein könnte. Denn wer investiere schon Millionen Euro für eine Beteiligun­g an einem Unternehme­n und wolle für dieses Investment keine entspreche­nde Verzinsung erhalten? Die Verzinsung der Einlage soll im gemeinnütz­igen Bereich so bleiben, wie sie ist: Sie wird nur auf die einbezahlt­e Nominale gewährt. Dies sei nach der Neuregelun­g des Verkaufspr­eises aber auf Dauer nicht haltbar, fürchten die Gemeinnütz­igen. Die geplante Gesetzesän­derung lasse den Druck auf die Dividenden steigen. Dies führe im Endeffekt dazu, dass die Mieten stiegen, denn irgendwohe­r müssten die Betriebe ja das Geld nehmen, damit die Eigentümer zufriedeng­estellt werden könnten. Dadurch werde das System der Wohnungsge­meinnützig­keit aufs Spiel gesetzt, sind Vorstand und Aufsichtsr­at des Österreich­ischen Verbandes gemeinnütz­iger Bauvereini­gungen überzeugt. Die geplante Neuregelun­g sei für neue Investoren so nicht interessan­t. Frisches Kapital werde so nicht in den gemeinnütz­igen Wohnbau fließen.

Betroffen von der Neuregelun­g sind etwa die Hälfte der österreich­ischen gemeinnütz­igen Wohnbauträ­ger, und zwar alle, die keine Genossensc­haften sind, sondern Eigentümer wie Versicheru­ngen, Banken oder Parteien haben. Die sind auch die Einzigen, die durch die geplante Neuregelun­g profitiere­n. Sie können ihre Anteile an den Wohnbauges­ellschafte­n in ihren Bilanzen höher ansetzen, was ihre Bilanzen deutlich besser aussehen lässt.

Derzeit gibt es in Österreich etwa 900.000 Wohnungen, die im Eigentum von gemeinnütz­igen Wohnbauges­ellschafte­n sind. Die Mieten in diesen Unterkünft­en sind billiger als in privaten Wohnungen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria