Schatzgräber stoßen auf alte Geschichten
Europas ältestes Goldbergwerk wurde in Bulgarien entdeckt, erst vor wenigen Jahren. Schon in der Bronzezeit gab es Eliten und Netzwerke.
WIEN. Das ist so mit den alten Geschichten, schriftliche Zeugnisse gibt es kaum. Deshalb bleibt viel der Fantasie überlassen, wenn man vor den Exponaten steht, die Tausende Jahre alt sind und „Geschichten“erzählen. Sogar die Altmeister Homer und Herodot lassen nur erahnen, wie es in der Frühzeit in Thrakien zuging, weiter nördlich herrscht diesbezüglich eine Leerstelle bei Quellen aller Art.
Dennoch war das heutige Bulgarien anscheinend belebter – und reicher –, als man annehmen kann. Als 1924 bei Feldarbeiten bei Vălčitrăn ein Goldschatz zutage kam, wogen goldene Knaufscheiben, Henkeltassen oder eine große Schale – insgesamt 13 Objekte – zusammen 12,4 Kilogramm. Traum jedes Schatzsuchers, und jetzt ist der Schatz von Vălčitrăn glänzendes Zentrum einer Schau im KHM.
Am Anfang stand ein Staatsbesuch des damaligen Bundespräsidenten Heinz Fischer 2014 in Bulgarien, wo allerhand Zusammenarbeiten in wissenschaftlicher Hinsicht vereinbart wurden. Wenig später stand Hristo Popov, Vizedirektor des Bulgarischen Archäologischen Instituts, bei Barbara Horejs von der Akademie der Wissenschaften in Wien im Büro, wie sie beim Pressegespräch am Montag erzählte. Das Projekt kam in Schwung, Popov konnte zuletzt nicht nur mehr als 300 Gold-, Silber- und Bronzefunde aus 14 bulgarischen Museen nach Wien bringen, er stellt auch das älteste Goldbergwerk Europas vor. Ada Tepe heißt der abgelegene Ort. Die dortige Goldmine war bekannt, eine Firma machte sich 2001 dort breit, von der bulgarischen Archäologenseite wurde eine „Notgrabung“angesetzt. Und siehe da, man fand Spuren eines Bergwerkes, die weit in die Bronzezeit zurückreichen. Zwischen 2010 und 2015 wurde gegraben, die Funde werden noch ausgewertet, ergeben aber einen guten Einblick in das aufwendige Verfahren prähistorischer Goldgewinnung. Dazu entstand auch ein aufschlussreicher Film. Für die Eliten der damaligen Zeit wurden Meisterwerke aus Bronze und Gold gefertigt, neben der Repräsentation in den Stammesfürstentümern dachte man auch an das Jenseits, wie Grabbeigaben zeigen.
Auch der Alltag wird anhand von Gussformen, Waffen und Keramik nachvollziehbar. Zu Bronze gehört auch Kupfer, und was wenige wissen: Mitterberg im Pongau war Teil eines Netzwerkes, das am anderen Ende nach Zypern reichte. Der überregionale Handel blühte zu Land und zur See, bis Piraten in der Ägäis den Seehandel unmöglich machten. Man vermutet, dass auch die sagenhaften Reichtümer von Troja und Mykene von Gold aus Bulgarien gespeist wurden. Allein in Ada Tepe sind bis zu acht Kilo Gold in einer Tonne Gestein verborgen. Warum der Abbau vor 3500 Jahren aufhörte, kann man nur vermuten. Ausstellung: