Zahl straffälliger Asylbewerber stieg um mehr als 50 Prozent
Pro Tag werden in Österreich rund 1500 Fälle zur Anzeige gebracht. Immer öfter rücken dabei junge Ausländer in den Fokus. Die Polizei sieht vor allem eine Gruppe als Problem.
Was hat ein 14-jähriger Afghane aus Linz mit den Vorgängen am Montag im Innenministerium zu tun? Der junge Bursche steht exemplarisch für jene Ergebnisse der aktuellen Kriminalstatistik, die gestern in Wien präsentiert wurden. Seit seinem elften Lebensjahr hat er 22 Überfälle und andere Straftaten begangen. Der Afghane war auch Teil einer Jugendbande, der 65 Delikte mit 60.000 Euro Schaden zur Last gelegt werden.
In der Kriminalstatistik für das Jahr 2016 liest sich das so: Die Anzahl der fremden Tatverdächtigen an der Gesamtkriminalität ist gegenüber 2015 um 13,7 Prozent gestiegen. Das bedeutet einen Höchstwert in den vergangenen zehn Jahren. Somit wurden im Vorjahr 164.609 (60,9 Prozent) österreichische und 105.551 (39,1 Prozent) ausländische Beschuldigte ausgeforscht. Die meisten kamen aus Rumänien, Deutschland und Serbien. Fremde Tatverdächtige begehen laut Innenministerium meist Diebstähle, Körperverletzungen und Suchtmitteldelikte. Bei deutschen Verdächtigen spiele der Tourismus eine große Rolle, etwa bei Ski- oder Autounfällen.
Rund 8,2 Prozent der Tatverdächtigen sind Asylbewerber. Der Polizei bereitet die Zahl Kopfzerbrechen, weil sie vergleichsweise schnell steigt. Bei den fremden Tatverdächtigen hat die Gruppe der Asylbewerber die höchste Zunahme verzeichnet. Die Zahl stieg in einem Jahr um 54,2 Prozent von 14.458 auf 22.289.
Bei den tatverdächtigen Asylbewerbern gilt Afghanistan als führende Nation (5072), gefolgt von Algerien (2999) und Marokko (2219). Was dabei auffällt: 1622 der afghanischen Verdächtigen waren gerade einmal 14 bis 17 Jahre alt, 1208 zwischen und 18 und 20 Jahre. Warum werden junge Burschen, fast noch Kinder, zu Tätern? Franz Lang, Direktor des Bundeskriminalamtes: „Unserer Erfahrung nach handelt es sich zum Großteil um unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Es ist auffallend, dass sie, meist ein Jahr nachdem sie in Österreich angekommen sind, straffällig werden.“Ein Jahr, in dem ihr Asylbescheid meist in erster Instanz negativ beschieden wurde oder sie weiterhin auf Nachricht warten. Die Folge: kleinkriminelle Taten wie Diebstahl, leichte Körperverletzung oder Suchtmitteldelikte. „Immer öfter kommen auch Stichwaffen zum Einsatz“, sagt Lang.
Falls es Opfer bei den Delikten von Asylbewerbern gibt, sind sie meistens keine Österreicher. „75 Prozent der Delikte passieren innerhalb der eigenen Community“, erklärt Lang. Im Klartext: Revierkämpfe. 6121 Opfer gab es durch Asylbewerber. 1626 waren Österreicher, 4495 fremde Staatsbürger. Rund 0,019 Prozent der österreichischen Gesamtbevölkerung wurden somit Opfer von Taten verübt durch Asylbewerber. Die meisten Delikte waren laut Innenministerium Drogendelikte – also Taten ohne Opfer.
Doch Sozialarbeiter und Polizisten warnen, dass Jugendliche schnell von der Kleinkriminalität weiter abrutschen können. Auch der Gründer der Initiative „Not in Gods Name“, Alexander Karakas, sieht das so. Der Verein versucht mittels Kampfsport Jugendliche von der Straße und extremistischen Ansichten, wie dem Islamismus, wegzubringen.
„Viele haben keine wirkliche Perspektive, sondern nur Wunschvorstellungen. Ein Auto, ein Handy, ein Haus. Wie sie das erreichen, wissen sie nicht. Da wird dann schnell einmal gestohlen oder gedealt“, sagt Karakas. Polizeipräsenz nutze da wenig. „Man muss mit Vorbildern aus der Community arbeiten“, sagt der Unternehmer. „Nur so kann man zeigen, dass auch Asylbewerber es in Österreich in einem Beruf schaffen können.“Diese Arbeit müsse über Jahre geplant werden, die Politik denke dabei oft zu kurzsichtig. Karakas sieht andernfalls die Gefahr einer Radikalisierung bei den Jugendlichen. Kleinkriminelle, die sich radikalen Ideologien anschließen, habe es bereits in jüngster Vergangenheit, etwa in Frankreich oder Belgien, gegeben.