Opel fliegt aus dem US-Imperium
General Motors ändert die Strategie und gibt den verlustreichen deutschen Autobauer Opel an Peugeot/Citroën ab. Das technologische Know-how sollen künftig die Chinesen liefern. Die Franzosen wiederum setzen auf Masse.
Die Chefin von General Motors, Mary Barra, verspricht ihrem Traditionskonzern aus Detroit schon seit Längerem den ganz großen Wurf: Damit GM bei den Umwälzungen in der Fahrzeugbranche nicht unter die Räder komme, müsse sich das Unternehmen mit durchschlagenden Erfolgen fit für die Zukunft machen, lautet ihr Credo. Dabei hatte sie bislang die technologischen Neuerungen von Opel im Visier. Doch mit dem Verkauf des deutschen Autobauers an die PSA-Gruppe mit den Marken Peugeot und Citroën, den die Beteiligten gestern, Montag, offiziell verkündet haben, ändert Barra die Strategie von GM: hin zu einem kleineren, aber rentableren Konzern, der sich auf den amerikanischen Heimatmarkt sowie auf Wachstumsmärkte wie China und andere Schwellenländer konzentriert.
Christian Stadler, Professor für strategisches Management an der Universität von Warwick in England, sagt, General Motors orientiere sich gerade neu, Marge und Profit seien für GM fortan wichtiger als Volumen. Denn obwohl die USAmerikaner in Europa seit dem Jahr 2012 mehr als eine Milliarde Dollar in den Umbau der Töchter investiert haben, schreiben Opel und die britische Schwesterfirma Vauxhall weiter rote Zahlen.
Jetzt spüre man auch den Wind des Protektionismus, der überall wehe, erklärt Stadler. Da konzentriere sich der eine oder andere eben lieber auf seinen Heimmarkt. Da Opel vor allem Technik für klei- nere Autos entwickle, sei das für den US-Markt nicht so bedeutend, weil Kleinwagen dort wenig gefragt seien. „Außerdem hat GM durch Partnerschaften mit China gute Möglichkeiten, wenn es um technologische Weiterentwicklung geht.“
Längst lässt die 55-jährige GMChefin ihre eigenen Tüftler eine neue Serie günstiger Modelle für Asien und Lateinamerika in Zusammenarbeit mit Chinesen entwickeln. Dabei hat der GM-Partner Shanghai Automotive Industry die Ingenieurskunst inzwischen offenbar so weit perfektioniert, dass das Unternehmen nach Barras Kalkül Opel als Technologie-Lieferanten ersetzen könnte.
Der französische PSA wiederum steigt durch den Kauf von Opel zur Nummer 2 im europäischen Automarkt hinter VW auf und will den verlustreichen deutschen Hersteller bis 2020 wieder profitabel machen. PSA-Chef Carlos Tavares lässt keine Zweifel aufkommen. Den Sanierungsplan müsse Opel selbst liefern, sagt er.
Er sei zuversichtlich, dass die Kehrtwende mit Unterstützung von PSA beschleunigt werde. „Gleichzeitig respektieren wir die Verpflichtungen, die GM gegenüber den Mitarbeitern von Opel/Vauxhall eingegangen ist.“Die rund 19.000 deutschen Opel-Beschäftigten sind noch bis Ende 2018 vor betriebsbedingten Kündigungen geschützt, doch mittelfristig wird ein Jobabbau erwartet. Für einen Massenproduzenten wie PSA sei die Größe wichtig, weil man dadurch günstiger produzieren und mehr Geld verdienen könne, erklärt Experte Stadler. Das brauche man dringend für die Forschung, um den Umschwung in der Branche zu schaffen. Auch er rechnet mit Jobabbau und Werksschließungen im neu formierten Konzern.
Beim GM-Werk in Wien-Aspern wusste man am Montag noch nicht, was der Opel-Verkauf für den österreichischen Standort bedeutet. 1600 Mitarbeiter fertigen hier Motoren und Getriebe. Im Wirtschaftsministerium geht man davon aus, dass eine Jobgarantie für Opel auch für Aspern gilt.