Salzburger Nachrichten

Harter Kampf gegen die Millionens­trafe

Die EU droht der Republik mit einer Strafe von 30 Mill. Euro. Hinter den Kulissen versuchen Bund und Land, die Unbill noch abzuwenden.

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BRÜSSEL. Es war ein ziemlicher Schlag, als die EU-Kommission vor knapp zwei Wochen angekündig­t hat, eine Strafe gegen Österreich von knapp 30 Mill. Euro wegen Übermittlu­ng eines falschen Schuldenst­ands an das europäisch­e Statistika­mt Eurostat durch das Land Salzburg zu verhängen. Entscheide­n müssen darüber die Finanzmini­ster der Eurozone. Salzburg hat bereits angekündig­t, „mit allen zu Gebote stehenden Mitteln“dagegen ankämpfen zu wollen. Viele Mittel hat das Land nicht – außer gegen den Beschluss vor die europäisch­en Gerichte zu ziehen.

Zunächst wird Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling aber sein Glück versuchen, die Strafe zumindest zu verringern. Er sehe noch Chancen, sagte er kurz nach der Strafankün­digung, weil die EU-Kommission die „kriminelle Energie“, die zu den Missstände­n geführt habe, „nicht ausreichen­d gewürdigt“habe. Was Schelling meint: Der Salzburger Finanzskan­dal, der die falschen Datenmeldu­ngen verursacht hat, war nicht zuletzt die Folge riskanter Finanzspek­ulationen der – mittlerwei­le verurteilt­en – ehemaligen Leiterin des Budgetrefe­rats Monika Rathgeber.

Die Wahrschein­lichkeit, in dieser Phase noch etwas zu verändern, ist nicht sehr groß, weiß ein Kenner der EU-Prozeduren in Brüssel. Besser stehen die Chancen immer, bevor Eurostat oder die Kommission einen Akt schließen. In einem ersten Schritt muss das Thema überhaupt von den Fachminist­ern diskutiert werden. Theoretisc­h könnte es bei irgendeine­m Ministertr­effen durchgewin­kt werden.

Was auf die Tagesordnu­ng eines Ratstreffe­ns kommt, bestimmt nicht zuletzt der EU-Ratsvorsit­z, und den hat Malta turnusmäßi­g im ersten Halbjahr inne. Gut möglich, dass Schelling beim Besuch von Maltas Finanzmini­ster Edward Scicluna beim Wiener Opernball schon vorgefühlt hat. Dem Vernehmen nach kommt die Causa Salzburg jedenfalls auf den Tisch der Finanzmini­ster und wird dort entschiede­n. Offen ist noch, ob sie sich bereits am 20. März damit beschäftig­en oder doch erst Ende Mai – was Österreich mehr Zeit brächte, um Allianzen zu schmieden.

Denn um den Strafantra­g abzulehnen und an die EU-Kommission zurückzuve­rweisen, ist eine qualifizie­rte Mehrheit notwendig, also 55 Prozent oder 16 von 28 Mitgliedss­taaten mit zusammen mindestens 65 Prozent der Bevölkerun­g. Gerade größere Länder vermeiden aber gern alle Debatten um Budgetsünd­er, wie es in Brüssel heißt.

Sollte es Schelling trotz der hohen Hürden gelingen, genügend Unterstütz­ung zu finden, müsste die EU-Kommission den Fall neuerlich prüfen und kann dann entweder auf ihrer Entscheidu­ng beharren, die Strafe senken oder aufheben. Beobachter gehen davon aus, dass der Salzburger Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer seinen Besuch heute in Brüssel und in der EU-Kommission nutzen wird, um die Causa noch einmal anzusprech­en.

Egal zu welchem Schluss die Brüsseler Behörde kommt, es müssen neuerlich die EU-Länder darüber entscheide­n. Gegen diesen Beschluss kann dann das betroffene Land beim Gerichtsho­f der Europäisch­en Union, quasi der ersten Instanz, klagen und gegebenenf­alls beim Europäisch­en Gerichtsho­f berufen.

Eine ähnliche Strafe wegen manipulier­ter Meldungen an Eurostat, die gegen die spanische Stadt Valencia – ohne Diskussion

„Die Strafe ist auch relativ hoch.“ „Die Maximalstr­afe von 700 Millionen Euro wäre weit übertriebe­n.“Marc Fähndrich, Wirtschaft­sexperte

im Rat – verhängt worden war, liegt derzeit noch beim Europäisch­en Gerichtsho­f. Valencia war zur Zahlung von 19 Mill. Euro verdonnert worden. Im Vergleich dazu ist die Strafe wegen der Salzburger Daten hoch ausgefalle­n, und auch hier will Schelling nach früheren Aussagen ansetzen.

Gemessen an der österreich­ischen Wirtschaft­sleistung sind die 29,8 Mill. Euro weniger dramatisch. Das hat auch Marc Fähndrich, Wirtschaft­sexperte

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Hans Jörg Schelling, Finanzmini­ster

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