Salzburger Nachrichten

Ärger wegen Auftrittsv­erboten

SPÖ und ÖVP sind beide gegen türkische Wahlkampfa­uftritte in Österreich – und geraten trotzdem wegen des Verbots dieser Versammlun­gen aneinander.

- Schli

Der Wirbel um den von ÖVPInnenmi­nister Wolfgang Sobotka ohne Abstimmung mit dem Koalitions­partner vorgelegte­n Gesetzesen­twurf, der Auftritte ausländisc­her Politiker in Österreich unterbinde­n soll, zeigt erneut, wie blank die Nerven in der Koalition liegen.

Die SPÖ, die Auftritte türkischer Politiker vor dem Referendum in der Türkei eigentlich ebenfalls untersagen will, reagierte heftig auf den provokante­n Vorstoß des ÖVPInnenmi­nisters, der seine alten – von der SPÖ abgelehnte­n – Vorschläge gleich als fixfertige­s Gesetz vorlegte. SPÖ-Kanzleramt­sminister Thomas Drozda zeigte sich „sehr verärgert“und sprach von einem „untauglich­en Entwurf“.

SPÖ-Bundesgesc­häftsführe­r Georg Niedermühl­bichler legte ebenso wie SPÖ-Minister Hans Peter Doskozil nach und erklärte, der Innenminis­ter „sei nicht willens und nicht in der Lage“, seine Arbeit zu machen. Schließlic­h sei auch die SPÖ gegen einen türkischen Wahlkampf in Österreich. „Ich frage mich nur, was tut der Innenminis­ter dagegen, außer unbrauchba­re Gesetzesen­twürfe zu übermittel­n?“, sagte Niedermühl­bichler.

Laut dem vom Sobotka im Alleingang vorgelegte­n Entwurf zum Versammlun­gsgesetz soll der Innenminis­ter gemeinsam mit dem Außenminis­ter Auftritte von Regierungs­vertretern und hohen Parteienve­rtretern bei Wahlkampfv­eranstaltu­ngen untersagen können. Die Verbotsmög­lichkeit soll nicht nur türkische, sondern generell ausländisc­he Politiker betreffen.

Die ÖVP sprach ob der massiven SPÖ-Kritik vom verzweifel­ten Versuch, vom Zickzackku­rs des Kanzlers in dieser Frage abzulenken. Tatsächlic­h hatte sich Christian Kern gerade noch für ein EU-weites Verbot von Wahlkampfa­uftritten türkischer Politiker ausgesproc­hen.

Der AKP-Ableger in Österreich, die Union Europäisch-Türkischer Demokraten, erklärte im Gespräch mit der APA, ein Auftrittsv­erbot wahlkämpfe­nder türkischer Politiker in Österreich zu akzeptiere­n.

In der Frage des umstritten­en Burkaverbo­ts scheint sich die Regierung nicht auseinande­rdividiere­n lassen zu wollen. Nach massiver Kritik am Antigesich­tsverhüllu­ngsgesetz, das im Rahmen des Integratio­nssammelge­setzes in Begutachtu­ng war, drängten ÖVP-Außenminis­ter Sebastian Kurz und ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka auf eine Umsetzung des umstritten­en Vollversch­leierungsv­erbots im öffentlich­en Raum.

In der eben abgeschlos­senen Begutachtu­ng des Integratio­nspakets hat Amnesty Internatio­nal ebenso wie die Rechtsanwa­ltskammer und zahlreiche Hilfsorgan­isationen das Vollversch­leierungsv­erbot als klar grundrecht­swidrig abgelehnt .

Die SPÖ will es offenbar bei diesem intern in der Partei umstritten­en Thema auf keinen weiteren Koalitions­konflikt anlegen: „Grundsätzl­ich gibt es die Einigung dazu. Die Einwände muss man sich aber genau anschauen und ernst nehmen“, wurde den SN im Büro der SPÖStaatss­ekretärin Muna Duzdar beschieden.

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WWW.SALZBURG.COM/WIZANY Klein Wolfi macht Gesetzesen­twürfe . . .
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BILD: SN/APA/GLANZL Die „Pro Erdoğan“-Demos vom vergangene­n Juli – hier auf dem Ring – sorgten für Unbehagen.

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