Chance und Risiko im Iran
500 österreichische Firmen machen derzeit Geschäfte mit Teheran. Von der anfänglichen Euphorie nach der angekündigten Aufhebung der Sanktionen ist nicht mehr viel zu spüren.
TEHERAN. Das offizielle Österreich ist im Iran gut vertreten. Botschafter Friedrich Stift und Wirtschaftsdelegierter Georg Weingartner sind ein eingespieltes Team. Seit der Einigung im Atomstreit und der angekündigten schrittweisen Aufhebung der Sanktionen im Juli 2015 geben sich Wirtschaftsdelegationen die Klinke in die Hand.
In diesen Tagen ist das Industrieland Oberösterreich an der Reihe. Oberbank-Generaldirektor Franz Gasselsberger lädt eine Delegation mit Vertretern von 26 großen Betrieben, darunter VA Intertrading, Rosenbauer, MIBA, KTM, Banner Batterien, sowie Journalisten zur Fahrt ins Morgenland ein.
„Unser Ansehen hier ist ausgezeichnet“, berichtet der Botschafter. Grund dafür ist auch, dass österreichische Unternehmen die Kontakte mit ihren iranischen Partnern auch in der Sanktionszeit gepflegt haben. Günter Kitzmüller, Finanzchef von Rosenbauer Feuer- wehrfahrzeugbau: „Wir haben unsere Kunden serviciert und mit Ersatzteilen versorgt. Auch wenn es schwierig war.“
Das Gleiche gilt für die Oberbank. „Wir haben unsere Kunden nicht im Stich gelassen“, sagt Generaldirektor Franz Gasselsberger. Die Bank verhandelt intensiv mit dem Iran über ein Rahmenübereinkommen, das grenzüberschreitende Finanzierungen erleichtern würde. Die sind derzeit die größte Hürde im aufkommenden Geschäft. „Es geht nicht so sehr um die Frage, wie ich meine Waren in den Iran hineinbringe, es geht darum, wie ich das Geld herausbringe.“
Noch sind die Sanktionen nicht aufgehoben. Und es wird dauern, bis Normalität einkehrt. „Die Euphorie ist gewichen“, spürt Wirtschaftsdelegierter Weingartner. Österreich hat im vergangenen Jahr Waren im Wert von 267 Mill. Euro in das 80-Millionen-Einwohner-Land exportiert. Ein Jahr zuvor waren es bereits 248 Mill. Euro. Ein Boom sieht anders aus.
Das Geschäft mit dem wieder nach oben strebenden Iran (Wachstum heuer 4,1 Prozent, 2018 4,2 Prozent) verläuft derzeit wie auf einer Einbahnstraße. Österreich importierte 2016 Waren im Wert von knapp 56 Millionen. Ein Verhältnis von 4:1. Erst wenn wieder iranisches Öl nach Österreich sprudelt, wird sich daran etwas ändern.
Was kann der Iran von Österreich brauchen? Vizewirtschaftsminister Mojtaba Khosrowtaj weiß es: Industrieöfen, Autoteile, Verpackungen, Textilmaschinen, Papier und alle Maschinen, um es zu erzeugen, Feuerlöschsysteme, sagt er, übrigens „im Namen Gottes“. Er ist darauf bedacht, dass der Iran seine in der Sanktionszeit zwangsläufig gewonnene Autonomie nicht wieder aufgibt. Das bedeutet: Nicht Import um jeden Preis. Wertschöpfung im Land muss sein.
Darauf stellt KTM mit seinen Motorrädern ab. Die Mattighofener überlegen, nicht fertig fahrbereite Maschinen nach Teheran zu bringen, sondern Bausätze. Die sollen erst dort zusammengeschraubt werden. Für die KTM-Fahrradproduktion sieht deren Chefin Carolina Chen nur langfristig Chancen. Etwa dann, wenn die Regierung ihr Versprechen von einer nachhaltigen, ökologisch ausgerichteten Politik wahr macht. Derzeit gehen die Straßen des 15-Millionen-Molochs Teheran im Stau unter. Der Smog taucht die Stadt wochenlang in trauriges Grau. Im vergangenen Jahr mussten die Schulen 14 Tage wegen zu starker Luftbelastung zusperren.
Fahrräder sieht man nicht. Die Regierung lässt lieber weiter Autos bauen, 2800 gehen täglich bei Iran Khodro vom Band. Bald sollen es 10.000 sein. „Ein Drittel davon wollen wir exportieren“, sagt der Vizeminister stolz. Dabei helfen soll Know-how aus Deutschland (VW) und Frankreich (Peugeot und Renault). Die starke Autozulieferindustrie aus Österreich steht parat.
Oberbank-Chef Franz Gasselsberger setzt auf eine weitere Lockerung der Sanktionen, auf weiteres Wachstum, auf weitere Modernisierung und Wohlstand. Der Iran habe das Zeug, sich zu einer „schnell wachsenden Wirtschaft“zu entwickeln. Und er vertraut auf die „Handschlagqualität“der Iraner.