Bequemlichkeit hat auch ihren Preis
Bei Lebensmitteln schauen wir zunehmend auf die Herkunft. Das sollten wir auch bei anderen Gütern und Dienstleistungen tun.
Er ist der natürliche Feind jedes Taxifahrers, aber bei Konsumenten populär: der Fahrdienstvermittler Uber. Das merkt man immer dann, wenn in Österreich Freunde aus dem Ausland zu Besuch sind: Viele bestellen automatisch einen Uber-Wagen statt eines Taxi, wie wir es tun. Uber ist günstig, mit 1,5 Millionen Fahrern in 400 Städten auf der ganzen Welt verbreitet und für Konsumenten günstiger als klassische Taxis. Auch wenn Uber als virtuelle Vermittlungsplattform im Straßenbild nicht sichtbar wird, handelt es sich um das derzeit weltweit bestfinanzierte Start-up-Unternehmen im Mobilitätsbereich: Investoren haben seit 2011 14 Mrd. US-Dollar in Uber gesteckt.
Schaut man hinter die Kulissen, sollte man sich zwei Mal überlegen, Uber-Kunde zu werden: Das Management des aggressiven Unternehmens aus San Francisco tut so ziemlich alles, was ein ehrbarer Kaufmann nicht tut: Jetzt wurde bekannt, dass Uber über eine Software Mitarbeiter öffentlicher Behörden ausspioniert und diesen gezielt Fahrten verweigert oder sie mit Fake-Apps abgespeist hat. Der Grund: Uber liegt in vielen Städten mit den Behörden im Clinch, weil es die jeweiligen Regeln für Taxioder Mietwagendienste nicht vollständig einhält. Schon lange war bekannt, dass Uber seinen Fahrern nur wenige Euro Stundenlohn bezahlt, diese aber häufig mangels anderer Jobchancen auch das schlechte Angebot annehmen. Und dann gibt es noch Sexismusvorwürfe aus dem Männer-Unternehmen mit nur wenigen Prozent Frauenanteil: Auch hier gelobte das Management erst Besserung, als die Vorfälle an die Öffentlichkeit drangen.
Das führt zu zwei Schlüssen. Erstens: Bequemlichkeit und Transparenz beim Bestellen allein, wie sie Uber und andere internetbasierte Fahrten- und Taxivermittler bieten, dürfen nicht den Ausschlag für das Drücken des Bestellknopfs geben. Jeder Konsument gestaltet die Wirtschaft und ihre Regeln mit – erst recht in einer digitalen Wirtschaft mit mehr Transparenz. Als Uber unfaire Vorteile aus Taxistreiks beim ersten Einreiseverbot in die USA von Donald Trump zog, löschten 200.000 Nutzer die Uber-App von ihrem Smartphone.
Zweitens: Uber ist ein Segen. Der dreiste Versuch, eine globale Geldmaschine aufzubauen und knallhart zu expandieren, rüttelt Behörden und Bürger wach: Das System der ökosozialen Marktwirtschaft, das in Teilen Europas stark verankert ist, kollidiert mit dem angelsächsischen Kapitalismus, dessen Aggressivität und Tempo dem verschlafenen Europa fremd sind. Damit muss man sich auseinandersetzen und die Gestaltungshoheit verteidigen.
Gertraud Leimüller leitet ein Unternehmen für Innovationsberatung in Wien und ist stv. Vorsitzende der creativ wirtschaft austria.
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