Ungarns neue Attacke auf die Supermärkte
Die ungarische Regierung unter Premier Viktor Orbán will offenbar erneut ausländische Lebensmittelketten zur Kassa bitten. Laut Medienberichten liegt ein Gesetzesentwurf vor, der etwa Parkplätze vor Einkaufszentren mit insgesamt 20 Mrd. Forint (64,4 Mill. Euro) besteuern soll. Außerdem sollen die Supermarktketten gezwungen werden, mehr Leute einzustellen, um die Kunden angemessen über die Produktqualität informieren zu können. Geplant sei, dass die Geschäfte einen Mitarbeiter für je 36 Mill. Forint (115.000 Euro) Umsatz beschäftigen müssen. Das wäre, verglichen mit Österreich, zumindest die doppelte Mitarbeiterzahl selbst von Kleinbetrieben.
Hart treffen würde eine solche Gesetzesänderung neuerlich den Salzburger Spar-Konzern. Spar machte mit 461 Spar- und 32 Interspar-Filialen in Ungarn zuletzt einen Umsatz von 1,66 Mrd. Euro, daneben ist man auch mit der Einkaufszentren-Tochter SES und dem Sporthändler Hervis in Ungarn aktiv. Insgesamt macht Spar mehr als zehn Prozent des Gesamtumsatzes in Ungarn. Zu den möglichen Auswirkungen der Pläne wollte man am Donnerstag bei Spar noch nichts sagen. „Wir kennen die Pläne auch nur aus den Medien und prüfen gerade, was das für uns bedeutet“, sagt Sprecherin Nicole Berkmann.
Spar und andere ausländische Supermarktketten wie Aldi oder Lidl werden in Ungarn nicht zum ersten Mal zur Kassa gebeten. Von 2010 bis 2013 mussten die Handelsketten in Ungarn eine „Krisensteuer“abführen, die allein Spar 25 Mill. Euro im Jahr gekostet hat. Der Europäische Gerichtshof hat diese Steuer zuletzt als „Diskriminierung“gekippt. 2015 sollte eine drastische Erhöhung der Gebühr für Lebensmittelkontrollen für große Supermarktketten kommen, sie hätte Spar 29 Mill. Euro gekostet, wurde nach massiven Protesten aus Brüssel aber abgewendet. Betroffen waren von all diesen Regelungen stets nur große Konzerne – und damit ausländische Unternehmen, denn ungarische Handelsunternehmen sind traditionell genossenschaftlich oder im Franchisesystem organisiert und werden so nicht nach ihrem Gesamtumsatz bemessen.
Als Hintergrund der Gesetzespläne sehen ungarische Medien den Streit um angebliche Qualitätsunterschiede zwischen den in Westeuropa und in den neuen EU-Ländern verkauften Lebensmitteln. Wie berichtet, klagen Ungarn, aber auch die Slowakei, Lebensmittelkonzerne würden in ihren Ländern minderwertige Produkte verkaufen. Diesen Vorwürfen soll jetzt auf EUEbene nachgegangen werden.