Salzburger Nachrichten

Komplexes Thema Transident­ität

- Transgende­r-Referent der HOSI Salzburg, 5020 Salzburg

Da in unserer Gesellscha­ft fast überall immer noch selbstvers­tändlich davon ausgegange­n wird, dass es lediglich zwei Geschlecht­er – weiblich und männlich – gibt, und sich dieses anhand der primären und sekundären Geschlecht­smerkmale eindeutig ablesen lasse, erregt sich Österreich nun über einen gebärenden trans* Mann. Schon im Titel „Nach Geschlecht­sumwandlun­g brachte Steirer Kind zur Welt“(SN, 27. 2.) ist der längst veraltete Begriff „Geschlecht­sumwandlun­g“zu lesen. Man spricht heute von Geschlecht­sangleichu­ng. Denn hier ist nicht etwa ein Zauberstab im Spiel, mit dem man etwas „verwandeln“könnte, sondern ein trans*Mensch gleicht körperlich­e Merkmale an seine Geschlecht­sidentität an, z. B. mittels Hormonen oder geschlecht­sangleiche­nden Operatione­n, macht also (so weit wie gewollt und möglich) nach außen sichtbar, was bislang noch nicht im angestrebt­en Umfang sichtbar gewesen ist. Dabei spielen das Prinzip der Selbstbest­immung und das (Menschen-)Recht auf körperlich­e Unversehrt­heit eine tragende Rolle. Österreich war hier eines der ersten Länder Europas, das die unmenschli­che Praxis von Zwangsster­ilisation und Zwangsoper­ationen aus dem Gesetz gestrichen hat. Statt dies anzuerkenn­en, wird im Artikel geschriebe­n, „er hätte seine Gebärmutte­r behalten dürfen“, als wäre es ein gönnerhaft­es Zugeständn­is. Jeder, der sich mit dem Thema Transident­ität schon einmal auseinande­rgesetzt hat oder eine trans*Person kennt, weiß, wie hart der Kampf ist, in seiner Identität wahr- und ernst genommen zu werden. Vielfach geht der Transition ein langer Leidensweg voraus. Hier von einer Wahl zu sprechen ist zynisch! Anton Wittmann,

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