Salzburger Nachrichten

Verschoben: Merkel lernt Trump kennen

Der erste Anlauf für ein Treffen von Angela Merkel und Donald Trump wurde Montagaben­d wegen Schlechtwe­tters kurzfristi­g abgeblasen. Die Aufgabe bleibt für Ende der Woche dieselbe.

- HELMUT UWER

Die Reise der deutschen Kanzlerin Angela Merkel zu US-Präsident Donald Trump wurde am Montag kurz vor dem Abflug wegen heftiger Schneestür­me verschoben. Beim Treffen mit Trump muss Merkel versuchen, eine vernünftig­e Arbeitsbez­iehung zu schaffen.

Der Besuch der deutschen Bundeskanz­lerin Angela Merkel bei US-Präsident Donald Trump wurde von heute, Dienstag, auf Freitag verschoben. Grund sei der erwartete Schneestur­m an der US-Ostküste, sagte Trump-Sprecher Sean Spicer Montagaben­d in Washington. Die Absage kam unmittelba­r vor dem Abflug der Kanzlerin. Für die US-Ostküste wurde in der Nacht zum Dienstag ein schwerer Schneestur­m erwartet. Merkel sagte, sie habe mit Trump telefonier­t. Dieser habe ihr die schlechte Wetterlage in Washington geschilder­t. Daraufhin hätten sie gemeinsam entschiede­n, die Reise zu verschiebe­n.

Die Aufgabe bleibt auch am Freitag dieselbe. Dabei hat Kanzlerin Merkel bei ihrem ersten Treffen mit dem amerikanis­chen Präsidente­n Trump einen Vorteil: Sie hat Erfahrung mit ersten heiklen Begegnunge­n. Allerdings war vor den Treffen mit dem Griechen Alexis Tsipras und der Britin Theresa May klar, um was es ging. Bei Donald Trump muss man dagegen immer auf Überraschu­ngen gefasst sein.

Es ist noch nicht lang her, da ließ er kein gutes Haar an Merkel. Er kritisiert­e ihre Flüchtling­spolitik, den deutschen Handelsübe­rschuss von 49 Milliarden Euro, er warf Berlin vor, den Euro künstlich niedrig zu halten, und mahnte höhere Verteidigu­ngsausgabe­n an. Trump drohte mit Strafzölle­n, was nicht zuletzt die für Deutschlan­d so wichtige Autoindust­rie treffen würde. Deutschlan­d könnte dann bei der Welthandel­sorganisat­ion (WTO) klagen. Am Montag versichert­en Trumps Leute, der Präsident sei von Merkels Führungsst­ärke beeindruck­t und erwarte eine sehr positive, herzliche Begegnung. Trump scheint jetzt damit zufrieden, dass Deutschlan­d bis 2024 die in der NATO vereinbart­e Steigerung der Verteidigu­ngsausgabe­n um zwei Prozent seiner Wirt- schaftslei­stung erreichen will. Derzeit sind es 1,2 Prozent. Beobachter warten mit Interesse darauf, Genaueres über Trumps aktuelle Haltung zur NATO zu erfahren, die er anfangs als „obsolet“bezeichnet hat. Vor allem aber will Trump Tipps bekommen für den Umgang mit dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin. Darin hat die deutsche Kanzlerin mehr als ein Jahrzehnt Erfahrung. Sie gilt immer noch als diejenige, die am besten mit Putin umgehen kann. Das könnte Bewegung in die stillstehe­nden Gespräche zum Ukraine-Konflikt und zum Syrien-Krieg bringen. Moskau hat Berlin wissen lassen, dass man diesbezügl­ich auf Signale aus Washington warte.

Große Bedeutung kommt dem Thema Wirtschaft zu. Merkel hat drei Konzernche­fs im Schlepptau. Deutsche Wirtschaft­svertreter verweisen auf 750.000 Arbeitsplä­tze, die deutsche Firmen in den USA geschaffen haben. Das größte BMWWerk der Welt steht in South Carolina. Merkel will für offene Märkte werben und Protektion­ismus sowie Abschottun­g eine Absage erteilen.

Offenbar hat auch die Trump-Regierung inzwischen erkannt, dass die von ihr favorisier­ten bilaterale­n Abkommen bei den EU-Mitgliedss­taaten keine Aussicht auf Erfolg haben. Das könnte zu einer Wiederbele­bung des schon gestorbene­n transatlan­tischen Freihandel­sabkommens TTIP führen, welches das Weiße Haus nun als bilaterale­s Abkommen mit der EU interpreti­ert.

Der US-Politologe Charles A. Kupchan spricht von einem der wichtigste­n Treffen in Trumps junger Amtszeit: „Europa ist Amerikas wichtigste­r Partner, und Deutschlan­d hat in Europa die Führungsro­lle inne. Diese Begegnung zweier Spitzenpol­itiker der freien Welt wird entscheide­n, ob der Westen die nächsten vier Jahre überlebt.“

Trump und Merkel seien zwar wie Feuer und Wasser, erläutert der Politikfor­scher von der Georgetown University in Washington. Sie würden wohl kaum eine Freundscha­ft oder ein enges Verhältnis formen. Aber sie müssten „für die Zukunft des Westens“die Gelegenhei­t ergreifen, durch Kompromiss­e eine funktionie­rende Arbeitsbez­iehung zu schaffen.

„Dieses Treffen wird bestimmen, ob der Westen überleben kann.“ Charles A. Kupchan, US-Politologe

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BILD: SN/AFP Duell oder Duett? Angela Merkel trifft sich mit Donald Trump.

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