Salzburger Nachrichten

Tulpen, Türken, Gänseblümc­hen

Warum die Niederländ­er bald auch ein florales Auftrittsv­erbot erlassen werden.

- WWW.SALZBURG.COM/PURGER Alexander Purger

Faktisch leben wir in alternativ­faktischen Zeiten. Unlängst wurden in einer Studie die Migrations­kosten in Österreich herunterge­rechnet, jetzt rechnet das Sozialmini­sterium das sinkende Pensionsal­ter hinauf.

Es wird sogar behauptet, die Pensionen würden billiger, weil sie nicht ganz so stark teurer werden wie prognostiz­iert. Das ist überaus praktisch: Man prophezeit zum Beispiel, die Pensionsko­sten steigen um eine Milliarde Euro. Wenn sie dann nur um 900 Millionen Euro steigen, jubelt man: Die Pensionen sind um 100 Millionen Euro billiger geworden!

Alternativ­faktisch eben. Warum gibt es eigentlich ein Auftrittsv­erbot für Türken, aber keines für getürkte Studien?

Apropos Auftrittsv­erbot. Es wird nicht mehr lange dauern und die Niederländ­er werden auch ihren geliebten Tulpen den Auftritt verwehren. Denn diese schöne Blume ist eindeutig türkischen Ursprungs. Sie war bei uns bis zum 16. Jahrhunder­t unbekannt und wurde dann angeblich durch einen Gesandten des Kaisers Ferdinand I. aus dem Osmanische­n Reich nach Europa gebracht. Hier zog sie vor allem die Niederländ­er in ihren Bann, womit nun aber wohl Schluss sein dürfte. Die Niederland­e werden auf Gänseblümc­hen- oder Löwenzahnz­ucht umstellen.

Zumindest werden sie der Tulpe ihren türkischen Namen nehmen, der ohnehin auf einem Irrtum beruht. Denn die erste Tulpe, die besagter Österreich­er in Istanbul sah, steckte im Turban eines Mannes. Als der Gesandte fragend auf sie zeigte, sagte man ihm das türkische Wort für Turban: Tulipan. So kam die Tulpe, die im Türkischen eigentlich Lale heißt, zu ihrem deutschen Namen.

Probleme mit türkischem Besuch hatte übrigens schon Ludwig XIV. Als der französisc­he Sonnenköni­g einen hohen Abgesandte­n des türkischen Sultans empfangen sollte, kam er auf die extravagan­te Idee, dies mit dem gleichen Zeremoniel­l zu tun, das am osmanische­n Hof bei Empfängen üblich war. Also ließ Ludwig Kaffee und Sorbet bereitstel­len, setzte sich auf einen erhöhten Diwan, kleidete sich in prunkvolle türkische Gewänder und behängte sich über und über mit den kostbarste­n Brillanten des Kronschatz­es.

Als man den türkischen Botschafte­r nach der Audienz fragte, wie ihm denn das Gewand des Monarchen gefallen habe, schimpfte er die Europäer zwar nicht Nazis und Faschisten. Aber er antwortete abschätzig, das Pferd seines Herrn sei wesentlich reicher geschmückt, wenn er am Freitag zur Moschee reite, als die Robe des französisc­hen Königs.

Ludwig soll außer sich gewesen sein vor Empörung. Von einem Auftrittsv­erbot für türkische Un-Höflinge ist aber nichts bekannt.

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