Das britische Königreich könnte an der EU-Frage zerbrechen
Nicola Sturgeon strebt wegen des harten Brexit-Kurses der britischen Regierung ein erneutes Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands vom Königreich an. Wäre die Autonomie wirklich die Lösung? Der Eindruck, Sturgeons Ankündigung stelle in gewisser Weise eine Verzweiflungstat dar, dürfte nicht ganz falsch sein.
Für Sturgeon steht ebenso wie für May viel auf dem Spiel. Während die Premierministerin dem Druck des europaskeptischen Lagers in ihrer Partei nachgab, forderten die abspaltungswilligen Parteimitglieder der SNP Sturgeon heraus. Dabei dürfte es trotz der europafreundlicheren Stimmung in Schottland schwer für sie werden, ihre Landsleute von der Loslösung zu überzeugen. Zu polarisierend war damals der bitter geführte Wahlkampf, als dass der Appetit allzu groß wäre auf mehr.
Seit der Volksabstimmung 2014 fanden zwei Wahlen und das EUReferendum statt. Irgendwann ist die Grenze des Erträglichen erreicht. Zumal etliche Fragen ungeklärt sind. Wie will ein autonomes Schottland die Unabhängigkeit bezahlen angesichts sinkender Einnahmen aus dem Ölgeschäft und darunter leidender Branchen wie dem Hotelgewerbe und der Gastronomie? Wie würde Schottland der Gemeinschaft in Brüssel angehören? Könnte es als Nachfolgestaat des Königreichs einfach EUMitglied bleiben oder müsste es die Mitgliedschaft neu beantragen? Die Antworten müssen bald kommen, aber völlig unlösbar dürften die Probleme nicht sein. Das tief gespaltene Vereinigte Königreich könnte tatsächlich über der EU-Frage auseinanderbrechen.