Auf zum Türken-Bashing! Und was dann?
Es ist die Frage zu stellen, ob sich Europa in seiner Auseinandersetzung mit der Türkei stets der richtigen Mittel bedient.
Erdoğans Bestreben, die Türkei in eine Präsidialdiktatur umzuwandeln, ist keine innertürkische Angelegenheit. Es ist eine Angelegenheit, die auch die restliche Welt etwas angeht. Einmischung von außen in die Vorgänge in Ankara ist notwendig und erwünscht. Ebenso notwendig und erwünscht ist es, den türkischen Demagogen die politische Bühne in Europa zu entziehen. Die Hetze Ankaras gegen Deutschland, die Niederlande und andere Staaten ist strikt zurückzuweisen.
Dessen ungeachtet darf man die Frage stellen, ob sich Europa in seiner Auseinandersetzung mit der Türkei stets der richtigen Mittel bedient. Die Außerlandesschaffung einer türkischen Ministerin durch die niederländischen Behörden beispielsweise war kein Beitrag zur Sachlichkeit, sondern ein Beitrag zu Erdoğans Wahlkampf. Die unbedachte Aktion der Niederlande drehte die Eskalationsspirale weit nach oben und kränkte die Türken weit über Erdoğans Anhängerschaft hinaus. Bessere TV-Bilder, bessere Argumente für die Verschwörungstheorie, dass sich die ganze Welt gegen die Türkei zusammengerottet habe, konnte man dem Despoten in Ankara kaum liefern.
Auch die österreichische Regierung schießt in ihrem Bestreben, türkische Wahlkampfauftritte in Österreich zu unterbinden, weit am Ziel vorbei. Beide Parteien rufen nach einer Gesetzesänderung, wobei die ÖVP nicht nur höchst anlassbezogen an einer „Lex Erdoğan“bastelt, sondern in einem Aufwaschen gleich auch das Versammlungsrecht bis zur Unkenntlichkeit verschärfen will. Am Freitag wird weiterverhandelt. Eine Einigung ist wohl erst zu erwarten, wenn der türkische Wahlkampf längst vorbei und die Gefahr türkischer Wahlkampfauftritte gebannt ist.
Bis dahin würde sich ein Blick ins geltende Gesetz empfehlen. Demnach sind Versammlungen zu untersagen, „deren Abhaltung die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl gefährdet“. Das sollte eigentlich reichen für die Unterbindung einer Veranstaltung, bei der Türken und Kurden, ErdoğanFans und deren Gegner aufeinanderprallen.
Österreich hätte einige ernste Fragen mit der Türkei zu klären. Etwa die Frage, warum Ankara Zigtausend Austrotürken heimlich mit türkischen Pässen ausstattet, sodass Österreich nicht nur Heerscharen an illegalen Doppelstaatsbürgern, sondern auch Heerscharen an Erdoğan-Wählern beherbergt. Würde Österreich durch unsanften Druck auf Ankara dieses Problem lösen, würde sich das Problem türkischer Wahlkampfauftritte gar nicht mehr stellen.