Alle gegen Wahlkampfimport
Türkische Wahlkampfveranstaltungen in Österreich sollen verhindert werden. Ist das überhaupt möglich? Und wenn ja: Wie?
SPÖ und ÖVP sind einig: Wahlkampfveranstaltungen türkischer Politiker in Österreich sind unerwünscht. Viel weiter reicht die Einigkeit freilich nicht. In der Koalition ist ein erbitterter, von wechselseitigen Vorwürfen gespickter Streit darüber entbrannt, wie man den türkischen Wahlkampfimport am besten verhindern könne. Am Freitag soll weiterverhandelt werden. Wie sind die Standpunkte der Parteien?
Die SPÖ, personifiziert durch Kanzleramtsminister Thomas Drozda, will lediglich den Paragrafen 6 des Versammlungsrechts ändern. Dieser Paragraf lautet derzeit: „Versammlungen, deren Zweck den Strafgesetzen zuwiderläuft oder deren Abhaltung die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl gefährdet, sind von der Behörde zu untersagen.“
Drozda will diesen Passus durch den folgenden Satz ergänzen: „Eine Versammlung, die den außenpolitischen Interessen, anerkannten internationalen Rechtsgrundsätzen und Gepflogenheiten oder den völkerrechtlichen Verpflichtungen zuwiderläuft, kann von der Bundesregierung untersagt werden.“Anerkannten internationalen Rechtsgrundsätzen und Gepflogenheiten können etwa Wahlkampfauftritte ausländischer Regierungsmitglieder zuwiderlaufen, sofern diese nicht entsprechend den diplomatischen Usancen im Einvernehmen mit der Republik Österreich erfolgen, heißt es dazu in Drozdas Büro.
Die ÖVP, personifiziert durch Innenminister Wolfgang Sobotka, hat weitergehende Vorschläge. Sie will das geplante Auftrittsverbot für ausländische Agitatoren in eine Gesamtverschärfung des Demonstrationsrechts einbetten. Unter anderem sollen Demos verboten werden, wenn „anzunehmen“, dass „Fremde aus Drittstaaten“daran mitwirken, sich die Demo auf einen Staat außerhalb der EU bezieht und dabei „Meinungen erörtert und kundgetan werden“, die mit den demokratischen Grundwerten Österreichs unvereinbar sind. Auch reine „Inländer-Demos“sollen laut ÖVP verboten werden, wenn sie sich nachteilig auf das „friedliche Zusammenleben“im Lande auswirken könnten. Die SPÖ lehnt dies strikt als zu starke Einschränkung des Demonstrationsrechts ab. Auch Arbeiterkammer und ÖGB protestieren.
Während die Bundesregierung streitet, geht das Land Vorarlberg einen pragmatischen Weg. Die dortigen Gemeinden wurden angewiesen, keine Gemeindesäle für etwaige Wahlkampfveranstaltungen zur Verfügung zu stellen. Der Salzburger Rechtsanwalt Ludwig Vogl verwies in einem Kommentar für den SN-„Staatsbürger“darauf, dass Österreich wahlkämpfenden AKP-Politikern ja keine Einreisevisa ausstellen müsse.