Doppelstaatsbürgerschaften sind nur schwer nachzuweisen
Die Regierung lässt Experten prüfen, wie diese Praxis abgestellt werden kann. Tirol gilt dabei als Vorbild.
WIEN. Der Zwist um Wahlkampfauftritte des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und seiner Gefolgsleute in einigen EU-Staaten hat die Diskussion über illegale Doppelstaatsbürgerschaften befeuert. Österreicherinnen und Österreicher dürfen, bis auf wenige Ausnahmen, nur eine Staatsbürgerschaft besitzen. Trotzdem soll es Zehntausende Personen geben, vor allem Türken, die neben einem österreichischen auch einen zweiten Pass haben.
Ein Zustand, den angefangen von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) bis zu Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) niemand akzeptieren will. Die Regierung hat nun Experten beauftragt zu prüfen, wie diese Praxis abgeschafft werden kann.
Eines ist bereits klar: Einfach wird das nicht. Für den Vollzug der Verleihung von Staatsbürgerschaften sind die Bundesländer zuständig. Der Leiter des Referats Wahlen und Sicherheit beim Land Salzburg, Michael Bergmüller, sagt, bei jeder Verleihung einer österreichischen Staatsbürgerschaft müsse der Nachweis erbracht werden, dass die ursprüngliche Staatsbürgerschaft zurückgelegt worden sei. Ausgenommen davon seien nur Menschen, denen das nicht möglich oder nicht zumutbar sei, etwa anerkannte Flüchtlinge, die in ihrer Heimat persönlich verfolgt werden. Ob die Neo-Österreicher in ihrem ursprünglichen Heimatland wieder eine Staatsbürgerschaft beantragen, kann aber nur schwer überprüft werden. „Einige Länder, etwa Deutschland, melden das, andere Länder, wie die Türkei, nicht“, sagt Bergmüller. Dann werde es problematisch, an entsprechende Informationen zu gelangen. Dennoch kommt es vor, dass Staatsbürgerschaften annulliert werden. „Wenn die Exekutive uns meldet, dass Personen mit zwei Pässen aufgegriffen wurden, werden wir selbstverständlich aktiv“, sagt Bergmüller. Ähnlich ist die Situation in Tirol. Die dortige Behörde war von Bundeskanzler Kern in dieser Frage als vorbildlich bezeichnet worden. Auch in Tirol hält man eine lückenlose Kontrolle nicht für möglich. Allerdings wird dort bei Anträgen nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz – da geht es vor allem um den Familiennachzug – nach Doppelstaatsbürgerschaften gesucht. Dabei werden die Auszüge aus dem Familienregister des Heimatlandes unter die Lupe genommen. Sollte es darin einen Hinweis auf die Wiederannahme einer anderen Staatsbürgerschaft geben, wird ein Feststellungsverfahren eingeleitet. Dieses stellt fest, dass mit dem neuerlichen Erwerb dieser Staatsbürgerschaft die österreichische erlischt. Wobei viele andere europäische Staaten Doppelstaatsbürgerschaften im Gegensatz zu Österreich akzeptieren.