Das Kopftuch, der Schleier und Österreichs Politik und Justiz
Erfreut reagierte Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) auf den Spruch des EuGH, da er Diskriminierung verbiete, Unternehmen aber zugleich Gestaltungsspielraum zubillige. Zufrieden mit dem „Neutralitätsgebot“des EuGH ist auch Staatssekretärin Muna Duzdar (SPÖ). In Österreich ist die Kopftuchfrage im Job bisher nicht ausjudiziert. Das Tragen von Kopftüchern ist weder grundsätzlich erlaubt noch verboten. Allerdings ergeben sich indirekte Verbote in manchen Bereichen des öffentlichen Diensts, insbesondere bei Polizei und Justiz. Sie leiten sich aus den Bekleidungsvorschriften ab, in denen geregelt ist, dass im Dienst sichtbar nur das getragen werden darf, was Teil der Uniform bzw. Amtskleidung ist. Und weil da stets auch eine Kopfbedeckung dazugehört, kann kein Kopftuch getragen werden. Ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen – wie es in acht der 16 deutschen Bundesländer gilt – hätte sich die ÖVP gewünscht, die SPÖ lehnt das ab. Ausjudiziert ist dagegen ein Verschleierungsverbot am Arbeitsplatz. Hier urteilte der Oberste Gerichtshof vergangenes Jahr: Da ein unverhülltes Gesicht zu den Grundregeln der zwischenmenschlichen Kommunikation zähle, sei es keine Diskriminierung, Mitarbeiterinnen die Vollverschleierung während der Arbeit zu verbieten. Weigerten sie sich, sei eine Kündigung zulässig. Welche Auswirkungen hat der EuGH-Spruch? Ein OGH-Sprecher: Der EuGH habe festgestellt, ein Kopftuchverbot kollidiere nicht mit der Grundrechtecharta, wenn es gute Gründe dafür gebe. Bei künftigen Verfahren in Österreich, die sich auf diesen Aspekt beziehen, sei der Spruch Leitlinie für den OGH. Es gebe aber Diskriminierungsverbote, die über das Unionsrecht hinausgehen, weshalb der Entscheid nicht generell bindend sei.