Salzburger Nachrichten

Druck auf Dörfler steigt

Untreue, Vorteilsna­hme, Amtsmissbr­auch: Auf den Kärntner Ex-LH warten lange Ermittlung­en. Morgen, Donnerstag, könnte schon ein erstes Urteil gegen den Ex-FPÖ-Politiker fallen.

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KLAGENFURT. Überrasche­nde Geständnis­se während eines Prozesses haben in Kärnten schon Tradition. So fühlten sich einst im Prozess rund um das Millionenh­onorar des Villacher Steuerbera­ters Dietrich Birnbacher der Angeklagte und der damalige ÖVP-Obmann Josef Martinz erst nach mehreren Verhandlun­gstagen schuldig. Im vergangene­n Herbst legte Ex-Landesrat Harald Dobernig kurz vor dem Urteil ein Geständnis ab, im aktuellen Prozess gegen Ex-BZÖ-Politiker erklärten sich anfangs Stefan Petzner, Harald Dobernig, Gerhard Dörfler und Uwe Scheuch für unschuldig – mittlerwei­le beharrt nur noch Scheuch auf seiner Unschuld.

Die Verhandlun­gstage im Klagenfurt­er Landesgeri­cht zeichnen – wie auch die Hypo-Prozesse, jener gegen Dobernig oder gegen Uwe Scheuch in der „Part of the game“-Affäre – ein Sittenbild des „Systems Jörg Haider“beziehungs­weise des Agierens von Haiders politische­n Erben: fehlende Kontrolle, Misswirtsc­haft, Korruption und verschwimm­ende Grenzen zwischen dem Land Kärnten und der Partei (FPÖ, BZÖ bzw. FPK). „Es tut mir sehr leid, dass ich das gemacht habe. Ich gestehe, ich habe damals, ohne es zu wissen, einen Fehler gemacht“, sagte der frühere Landeshaup­tmann Gerhard Dörfler am Montag auf Befragen von Richter Christian Liebhauser-Karl, der damit bereits das dritte Geständnis im Untreue- und Vorteilsna­hme-Prozess erreicht hat. Präzise Fragen, hohe Kenntnis der Akten und eine ausgeprägt­e Einfühlsam­keit scheinen die Erfolgsrez­epte des in der Verhandlun­gspraxis zwischen jovial und streng pendelnden Richters zu sein.

Der Jurist, der nebenbei auch den Kammerchor Klagenfurt-Wörthersee leitet, war einst – in Zusammenha­ng mit der Verurteilu­ng von Uwe Scheuch – von dessen Bruder Kurt als „Kröte“und „wild gewordener Rambo-Richter“beschimpft worden. Vor Gericht einigte man sich auf eine Geldbuße und auf eine schriftlic­he Entschuldi­gung, die der damalige Kärntner Landeshaup­tmannstell­vertreter verfassen musste.

Zurück zu Gerhard Dörfler. Er hat also mittlerwei­le zugegeben, rund um die Loibltunne­lsanierung eine steirische Baufirma angerufen und um ein „Sponsoring“ersucht zu haben. Konkret sollten 12.000 Euro für „Verkehrssi­cherheitsm­aßnahmen“von jener Firma, die den Zuschlag erhalten hatte, bezahlt werden. In einem zweiten Fall – es ging um ein Bauprojekt in Feldkirche­n – hatte Dörfler von der ausführend­en Firma 50 Warnwesten verlangt. Grund genug für die Staatsanwa­ltschaft, jetzt alle Auftragsve­rgaben, die in der Amtszeit von Gerhard Dörfler als Straßenbau­referent beziehungs­weise als Landeshaup­tmann gefallen sind, genau unter die Lupe zu nehmen. Mehr als 3600 Akten aus einem Zeitraum von rund zwölf Jahren müssen nun durchforst­et werden.

Nachdem die Ausweitung der Anklage von Untreue und Vorteilsna­hme auch auf Amtsmissbr­auch bekannt geworden ist, trat Gerhard Dörfler in der Vorwoche als FPÖBundesr­at zurück. Als Nachfolger wurde mittlerwei­le Dietmar Rauter, Bürgermeis­ter von St. Urban im Bezirk Feldkirche­n, einstimmig vom FPÖ-Parteivors­tand nominiert.

Für Dörfler wird es morgen, Donnerstag, erstmals spannend. Kommt es zu keiner Verzögerun­g, könnten nach finalen Zeugenbefr­agungen bereits die Urteile in der Causa BZÖ-Wahlkampfb­roschüre fallen. Einst als Marketingb­roschüre für den Standort Kärnten konzipiert, wurde die Publikatio­n nach Haiders Tod im Design der BZÖWerbeli­nie für die Landtagswa­hl umgearbeit­et. Davon will Dörfler nichts mitbekomme­n haben: „Als Landeshaup­tmann konnte ich mich nicht um alles kümmern.“Weitere Prozesse zur juristisch­en Aufarbeitu­ng des Systems Haider (z. B. Seenankauf, FPÖ-Werbeagent­ur) sind nicht ausgeschlo­ssen.

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BILD: SN/MICHAEL GRUBER / EXPA / PICTUREDES­K.COM Wartet auf das Urteil: Gerhard Dörfler.

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